Fettstoffwechseltraining – Fact or Fiction?

Fettstoffwechseltraining

Vor allem bei längeren Ausdauerbelastung wird Energie zum größten Teil aus dem Fettstoffwechsel gewonnen. Wie kann ich aber meinen Körper dazu bewegen, das gespeicherte Fett – von dem ja in der Regel mehr als genug vorhanden ist – schneller als Energiequelle zu nutzen? Wie sieht also ein effektives Fettstoffwechseltraining aus?

Auf einen Blick

  • Fettstoffwechseltraining soll die Fettverbrennung ankurbeln und damit die Glykogenspeicher schonen.
  • Hier haben sich mehrere Methoden entwickelt, mit denen der Fettstoffwechsel trainiert werden soll: Training bei der höchsten Fettstoffwechselrate, lange Trainingseinheiten, Training mit wenig Kohlenhydraten oder vorentleerten Glykogenspeichern.
  • Auch wenn sich einzelne Parameter des Fettstoffwechsels durch diese Trainingsformen verbessern, konnte für keine davon eine Leistungssteigerung nachgewiesen werden.


In der Sporternährung hat unter anderem das Prinzip „Train low – compete high“ in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten, wenn es um den Fettstoffwechsel ging. Durch ein reduziertes Angebot an Kohlenhydraten soll gezielt der Fettstoffwechsel trainiert werden. Ziele dieses Trainings sind:

  1. Erhöhung des relativen Anteils des Fettstoffwechsels an der Energiebereitstellung
  2. Erhöhung der Fettstoffwechselrate
  3. Steigerung der Intensität, bei der die höchste Fettstoffwechselrate vorliegt

Durch diese Art von Training erhofft man sich vor allem bei längeren Ausdauerbelastungen eine Schonung der Glykogenspeicher, die dann für intensive Phasen im Wettkampf (z.B. den Schlussspurt) noch zur Verfügung stehen. Um diese Ziele zu erreichen, haben sich einige Trainingsmethoden etabliert, die wir uns im Einzelnen anschauen werden.

Training bei der Intensität mit der höchsten Fettstoffwechselrate (Fatmax)

Die Fettstoffwechselrate steigt zunächst mit der Belastungsintensität an und bildet dann ein Plateau, bevor sie ab der anaeroben Schwelle wieder deutlich abfällt. Das Maximum liegt bei etwa 65% der VO2max. Hier ist jedoch zu beachten, dass die absolut höchste Fettstoffwechselrate höher liegt als der höchste prozentuale Anteil. Das hat in der Vergangenheit häufig zu der Empfehlung übertrieben niedriger Intensitäten geführt. Nachweislich verbessert hat sich der Fettstoffwechsel durch diese Art von Training bisher aber nur bei Übergewichtigen.

Fettstoffwechsel Ausdauersport
Anteil des Fettstoffwechsels bei verschiedenen Intensitäten nach Romijn et al. 2000

Lange Trainingseinheiten

Häufig werden auch sehr lange Trainingseinheiten zur Verbesserung des Fettstoffwechsels empfohlen, da der Anteil des Fettstoffwechsels mit zunehmender Dauer steigt. Es macht jedoch wenig Sinn, die gleiche Strecke bei geringerer Intensität zurückzulegen, einfach nur um die Dauer zu erhöhen. Studien an Übergewichtigen konnten hier keinen Unterschied feststellen und weitere Trainingsstudien liegen noch nicht vor.

Training mit wenig Kohlenhydraten

Durch ein höheres Angebot an Glukose wird die Verbrennung von Fettsäuren gehemmt. Im Umkehrschluss wird der Fettstoffwechsel in Abwesenheit von Kohlenhydraten aber auch stärker gefordert. Daher haben sich einerseits morgendliche, nüchterne Trainingseinheiten und andrerseits Trainings, ohne währenddessen Kohlenhydrate zuzuführen, etabliert. EInzelne Studien konnten eine Verbesserung bestimmter Parameter des Fettstoffwechsels zeigen. Der Nachweis einer erhöhten Fettflussrate oder einer verbesserten Leistungsfähigkeit durch diese Trainingsformen konnte aber noch nicht erbracht werden.

Vorentleerte Glykogenspeicher

Das Training mit vorentleerten Glykogenspeichern scheint für den Fettstoffwechsel am aussichtsreichsten, denn auch bei reduzierten Glykogenspeichern steigt die Fettflussrate deutlich an. Die Entleerung erreicht man, indem man nach einer ersten Trainingseinheit keine Kohlenhydrate zuführt und dann später am selben Tag eine weitere Einheit mit den vorentleerten Glykogenspeichern durchführt. Zwar konnten Studien zeigen, dass sich z.B. die Fettflussrate erhöht, eine Verbesserung in Leistungstest gab es jedoch nicht. Aber: zwei Trainingseinheiten pro Tag alle 2 Tage standen täglichen Trainingseinheiten im Trainingserfolg in nichts nach.

Werde ich durch Fettstoffwechseltraining schneller?

Für alle genannten Trainingsvarianten gilt, dass keine Steigerung der Leistungsfähigkeit nachgewiesen werden konnte. Dies kann daran liegen, dass die selbst gewählte Trainingsintensität geringer ist, weil man sich ohne Kohlenhydrate nicht so leistungsfähig fühlt. Dadurch ist auch der Trainingseffekt kleiner. Außerdem kann das Training des Fettstoffwechsels zu Lasten des Kohlenhydratstoffwechsels gehen, was in intensiven Belastungsabschnitten von Nachteil ist. Das kann man mit eine periodisierten Kohlenhydrataufnahme nach der Sleep Low-Strategie umgehen.

Dem fehlenden Nutzen stehen darüber hinaus negative Auswirkungen der Glykogenverarmung auf das Immunsystem, die Verletzungsanfälligkeit und möglicherweise auch die Anfälligkeit für Übertraining entgegen.

Fettstoffwechseltraining bei Übergewicht

Bei Übergewicht sehen die Ergebnisse besser aus. Hier gibt es nicht nur Hinweise darauf, dass morgendliches Nüchterntraining und Training bei Fatmax die Fettflussrate erhöht, sondern auch einer Gewichtszunahme entgegenwirken kann. Zudem wird eine verbesserte Insulinsensitivität beschrieben, was insbesondere bei einem Diabetes oder Prädiabetes interessant ist.

Zusammenfassung

Im Gesundheitssport haben bestimmte Varianten des Fettstoffwechseltrainings mehrere positive Effekte. Im Leistungssport hingegen kann keine klare Empfehlung für diese Art von Training gegeben werden, da eine Steigerung der Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen ist und Nebenwirkungen z.B. auf das Immunsystem möglich sind. Daher hat Fettstoffwechseltraining auch noch nicht Einzug in die Trainingsempfehlungen für Leistungssportler gehalten. Endgültige Aussagen kann man bei der aktuellen Studienlage jedoch nicht treffen.

Quellen

Hawley, J. A., & Burke, L. M. (2010). Carbohydrate availability and training adaptation: effects on cell metabolism. Exercise and sport sciences reviews, 38(4), 152-160.

Romijn, J. A., Coyle, E. F., Sidossis, L. S., Rosenblatt, J., & Wolfe, R. R. (2000). Substrate metabolism during different exercise intensities in endurance-trained women. Journal of Applied Physiology, 88(5), 1707-1714.

Scharhag-Rosenberger, F. (2012). Fettstoffwechseltraining. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 63(12).

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 123 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.