Was hilft bei Muskelkater?

Muskelkater vorbeugen und behandeln

Muskelkater kann durch körperliche Belastung und insbesondere durch exzentrische Kontraktionen ausgelöst werden. Es entstehen kleinste Schädigungen im Muskel, die eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Die Folgen dieser Entzündungsreaktion kennen wir als Muskelkater. Nur wie kann man diesen vermeiden bzw. behandeln?

Auf einen Blick

  • Als Folge von Muskelarbeit kann Muskelkater auftreten. Dies passiert bei exzentrischen Belastungen besonders häufig.
  • Dem kann man vorbeugen, indem man besonders lange, ungewohnte und intensive Belastungen vermeidet.
  • Die Entzündungsreaktion bei Muskelkater kann mit Kälte und Schmerzmitteln behandelt werden.
  • Erfolgreiche Regnerationsstrategien sind Massagen, aktive Erholung und Kompressionsbekleidung.
  • Bei der Ernährung ist auf eine ausreichende Eiweißzufuhr zu achten, BCAA können zusätzlich helfen.

Bausteine in der Behandlung des Muskelkaters

Bei der Behandlung des Muskelkaters gibt es grundsätzlich drei Angriffspunkte:

  1. Vermeiden der Muskelschädigungen
  2. Behandlung der Entzündungsreaktion
  3. Einsatz von Regenerationsstrategien, wenn Muskelkater bereits vorhanden ist.

1. Muskelschädigung vermeiden

Um die Muskelschädigung zu vermeiden oder möglichst gering zu halten, muss man wissen, welche Belastungen dazu führen. Das ist individuell unterschiedlich und daher häufig schwierig vorherzusagen. Grundsätzlich ist bei langen, ungewohnten und besonders intensiven Belastungen das Risiko für Muskelkater erhöht.

2. Entzündungsreaktion bei Muskelkater behandeln

Hier gibt es mehrere Maßnahmen, die darauf abzielen, das Ausmaß der Entzündungsreaktion bei einer bestimmten Muskelschädigung möglichst gering zu halten.

Eisbaden und Kälte gegen Muskelkater

Kalte Bäder sind im Profisport eine beliebte Regenerationsstrategie. Das Eisbad soll einerseits das Gewebe herunterkühlen und andererseits die peripher gelegenen Gefäße verengen. Dadurch sollen Stoffwechselendprodukte schneller abtransportiert werden. Die Kälte wirkt zudem schmerzstillend. Jedoch führt die Kälte möglicherweise auch zu einer verminderten Muskeldurchblutung, wodurch Regenerationsprozesse langsamer ablaufen. Insgesamt scheinen Eisbäder etwas besser zu sein als passive Methoden, eine Überlegenheit gegenüber aktiven Erholungsmethoden ist nicht sicher. Einer Metanalyse zufolge erzielt man die besten Ergebnisse bei 11-15°C Wassertemperatur für 11-15 Minuten.

Ein weiterer Trend sind Kältekammer in denen eine sehr kalte, trockene Luft von weniger als -100°C herrscht. Hier hält man sich für 2-5 min auf. Der Wirkmechanismus ist ähnlich wie bei den Eisbädern, es ist aber weniger Zeit nötig. Die Studienlage ist aber noch unschlüssig.

Schmerzmittel

NSAR wie Ibuprofen sind wirksame Schmerzmittel und Entzündungshemmer und können damit auch die Beschwerden bei Muskelkater lindern. Allerdings können sie in einem gewissen Maße auch Trainingsanpassungen und die Regeneration des Muskels behindern.

3. Regenerationsstrategien nutzen

Wenn doch einmal Muskelkater vorliegt, sollte das Ziel sein, ihn möglichst schnell wieder loszuwerden. Das erreicht man durch Regenerationsstrategien.

Wärme kann helfen

Nach etwa 24-48 Stunden kann die Anwendung von Wärme die Durchblutung und Regeneration fördern. Studien konnten bisher nur Verbesserungen bei einzelnen Markern des Muskelkaters feststellen und Ergebnisse waren heterogen.

Kann Kompressionsbekleidung die Regeneration fördern?

Kompressionsbekleidung ist zwar eher weniger förderlich, wenn es darum geht, die Leistung zu steigern, kann aber die Regeneration unterstützen. Hier konnten Studien eine beschleunigte Regeneration und eine mildere Beschwerdesymptomatik bei Muskelkater feststellen. Unter anderem fand man auch niedrigere CK-Werte, wahrscheinlich durch eine schnellere Reparatur der Muskulatur.

Selbst aktiv werden

Auch wenn Dehnen häufig propagiert wird, gibt es keine gute Evidenzlage für dessen Wirkung gegen Muskelkater – egal ob statisch gedehnt wird oder die contract-relax-Methode zum Einsatz kommt.

Etwas besser sieht es bei der aktiven Regeneration aus. Ähnliche Belastungen mit geringer Intensität erhöhen die lokale Durchblutung und haben einen schmerzstillenden Effekt, wenn auch nur temporär. Wenn lockere Aktivität wirksam ist, dann eher am Folgetag und nicht direkt nach der Belastung.

Mit Foam Rolling und Flossing den Muskelkater bekämpfen?

Mit dem Thema Faszien wurden auch die Faszienrollen immer populärer. Die Auswirkungen auf die Leistung sind unklar, aber der Schmerz kann durch das Ausrollen reduziert werden. Beim Flossing gibt es keine Studien, die eine Wirksamkeit belegen.

Physiotherapeutische Maßnahmen und Akkupunktur

Die Wirkung von Massagen setzt auf mehreren Ebenen an. Sie wirken wahrscheinlich durch die Beeinflussung der Aktivität des parasympathischen Nervensystems, die Erhöhung von Blutfluss und Lymphabfluss und durch eine Schmerzreduktion auf psychophysiologischer Ebene. Ein systematisches Review aus 2012 kam zu dem Ergebnis, dass durch Massagen weniger Schmerzen auftreten, eine bessere muskuläre Leistung erreicht werden kann und die CK-Werte geringer sind. Massagen waren hier auch die einzige wirksame Behandlung, aber mit nur kleinen, klinisch wenig relevanten Effekten.

Auch eine Ganzkörpervibrationsbehandlung kann Symptome bei Muskelkater lindern. Zudem wurde dem therapeutischen Ultraschall in einigen Studien ein Nutzen bescheinigt. Die Effekte waren nach 48-72 Stunden am größten. Gleiches gilt für die Stoßwellentherapie. Keinen Wirknachweis bei Muskelkater gibt es bisher für Elektrostimulation (EMS) und Akkupunktur.

Medikamente und Ernährung

Die Einnahme von BCAAs erwies sich vor allem bei geringer bis mittlerer Muskelschädigung als hilfreich. Die größte Wirkung konnte durch die Einnahme von mehr als 200 mg/kg/d für mindestens 10 Tage erreicht werden. Besonders gut war die Wirkung in Kombination mit Taurin. Aber auch hier sind die Studienergebnisse heterogen. Des Weiteren ist eine insgesamt ausreichende Eiweißzufuhr wichtig, da diese ebenfalls die Regeneration fördern kann.

Weitere wirksame Nährstoffe sind Koffein (5 mg/kg), Omega-3-Fettsäuren (1,8-3 g) und Antioxidantien, z.B. in Form von Kirschen oder Kirschsaft. Bei Polyphenolen sind die Ergebnisse widersprüchlich. Arnikasalbe wirkt gegen die Schmerzen, ist ansonsten aber nicht regenerationsfördernd. Keinen Wirknachweis in der Behandlung von Muskelkater gibt es für die Einnahme von Vitamin D.

Zusammenfassung

Bisher gibt es für die wenigsten Modalitäten in der Behandlung von Muskelkater eine gute wissenschaftliche Grundlage. Das liegt an Studien mit geringen Fallzahlen und teilweise sehr unterschiedlichen Designs. Kaltes Baden ist eine der populärsten Methoden, um Muskelkater vorzubeugen, und neben Massagen und Kompressionsbekleidung in der Regeneration eine der wenigen mit wissenschaftlicher Evidenz. Darüber hinaus existieren noch viele weitere Methoden, die aber bisher nur in einzelnen Studien evaluiert wurden.

Quellen

Heiss, R., Lutter, C., Freiwald, J., Hoppe, M. W., Grim, C., Poettgen, K., … & Hotfiel, T. (2019). Advances in Delayed-Onset Muscle Soreness (DOMS)–Part II: Treatment and Prevention. Sportverletzung· Sportschaden, 33(01), 21-29.

Lewis, P. B., Ruby, D., & Bush-Joseph, C. A. (2012). Muscle soreness and delayed-onset muscle soreness. Clinics in sports medicine, 31(2), 255-262.

Torres, R., Ribeiro, F., Duarte, J. A., & Cabri, J. M. (2012). Evidence of the physiotherapeutic interventions used currently after exercise-induced muscle damage: systematic review and meta-analysis. Physical Therapy in Sport, 13(2), 101-114.

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 124 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.