
Im Ausdauersport wird das Höhentraining (auch Hypoxietraining) immer wieder als Maßnahme zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit diskutiert. Welche Wirkungen das Höhentraining hat und wie der Körper auf die Hypoxie reagiert, erfährst du hier.
Auf einen Blick
- Mit steigender Höhe nimmt der Luftdruck und damit auch der Sauerstoffpartialdruck ab.
- Der Sauerstoffmangel (Hypoxie) führt im Körper zu einem „Kampf um Sauerstoff“, der mit einem erhöhten Atem- und Herzminutenvolumen einhergeht.
- Längerfristig passt der Körper sich an die veränderten Bedingungen an, indem er z.B. Bikarbonat ausscheidet, den Flüssigkeitshaushalt ausgleicht und die Kapillarisierung verbessert.
- Die Anzahl roter Blutkörperchen erhöht sich erst nach mehreren Wochen in der Höhe.
- Bei Sportlern, die gut auf das Höhentraining reagieren, verbessert sich die Leistung.
Was ändert sich mit zunehmender Höhe?
In der Höhe gibt es einige Besonderheiten, die man bei Aufenthalten berücksichtigen sollte.
- Schwankende Temperaturen: Die Temperatur sinkt pro 1000 m um ca. 6,5°C und unterliegt in der Höhe größeren Schwankungen. Der Unterschied zum Tal ist nachmittags und im Mai/Juni stärker. Im Winter fällt die Temperatur mit steigender Höhe nicht so stark ab. Es kann sogar Inversionswetterlagen geben, bei denen wärmere Luftschichten in der Höhe über den kälteren im Tal liegen.
- Strahlung: Dadurch, dass weniger Luftschichten Strahlung absorbieren können, ist auch die Belastung mit z.B. UV-Strahlung erhöht. Dies wird durch die Reflexion an Eis und Schnee noch verstärkt. Daher ist es wichtig, sich vor Sonnenbrand und Schneeblindheit zu schützen.
- Trockene Luft: Auch der Wasserdampfdruck nimmt mit der Höhe ab. Da kalte Luft ohnehin weniger Feuchtigkeit speichert, ist die Atemluft sehr trocken. So kann man beim Bergsteigen über die Haut und die Atmung bis zu 6 Liter Flüssigkeit pro Tag verlieren. Erschwerend kommt hinzu, dass auch das Durstempfinden vermindert ist. Deswegen ist es besonders wichtig, genug zu trinken.
- Reduzierte Luftdichte: Die geringere Luftdichte ist eher von Vorteil. Zum einen sind in Sprint-, Sprung- und Wurfdisziplinen bessere Leistungen möglich, zum anderen sinkt die Atemarbeit. Dadurch wird auch ein höheres maximales Atemminutenvolumen von bis zu 200 l/min möglich.
- Niedrigerer Luftdruck: Dies ist eigentlich der entscheidendste Unterschied. Denn mit dem Luftdruck sinkt auch der Sauerstoffpartialdruck. Der Sauerstoffpartialdruck wird berechnet, indem man den Luftdruck mit dem Volumenanteil des Sauerstoffs multipliziert. Bei einem Luftdruck von 1013 hPa auf Meereshöhe liegt der Sauerstoffpartialdruck dementsprechend bei ca. 212 hPa. Da sich der Sauerstoffanteil in der Höhe nicht verändert, sinkt der Sauerstoffpartialdruck proportional zum Luftdruck. Auf der Zugspitze, wo ein Luftdruck von 693 hPa herrscht, liegt dieser nur noch bei ca. 145 hPa. Das sind ungefähr zwei Drittel des Werts auf Meereshöhe.
Wie reagiert der Körper auf die Hypoxie?
Der Körper versucht den Sauerstoffmangel zu kompensieren und leitet Maßnahmen ein, die man unter dem Begriff „Kampf um Sauerstoff“ zusammenfassen kann. Durch den Sauerstoffmangel (Hypoxie) wird das Atemzentrum gereizt und das Atemminutenvolumen nimmt zu (Hyperventilation). Zusätzlich wird der Sympathikus aktiviert, wodurch die Atemwege weitgestellt werden und das Herzminutenvolumen steigt.
Wie passt sich der Körper an die veränderten Bedingungen an?
Nach 2-4 Tagen beginnt der Körper, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Eine Nebenwirkung der Hyperventilation ist, dass der pH-Wert ansteigt. Dem begegnet der Körper, indem er Bikarbonat ausscheidet. Durch eine bessere Sauerstoffausschöpfung im Gewebe kann der Körper die geringere Menge an verfügbarem Sauerstoff besser nutzen. Dem liegt eine verbesserte Kapillarisierung zusammen mit einer angepassten enzymatischen Ausstattung der Muskulatur zugrunde. Zudem setzt eine gesteigerte Blutproduktion ein. Anfängliche Anstiege des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff, der für den Sauerstofftransport zuständig ist) werden durch ein vermindertes Plasmavolumen verursacht. Einen tatsächlichen Anstieg der Hämoglobinmasse gibt es erst nach mehreren Wochen in der Höhe.
Durch diese Anpassungen normalisiert sich auch das Herzminutenvolumen wieder, das Atemminutenvolumen bleibt aber dauerhaft erhöht.
Wie funktioniert Höhentraining?
Bei einem mehrwöchigen Höhentraining macht man sich die eben beschriebenen Anpassungen zu Nutze. Über eine erhöhte Hämoglobinmasse verbessert sich die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) und damit die Ausdauer. Aber auch andere Anpassungen, wie die bessere Kapillarisierung und Veränderungen im Muskelstoffwechsel, wirken leistungssteigernd. Zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt, führt Höhentraining also zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit. Allerdings eignet sich Höhentraining nicht für jeden: es gibt auch sogenannte „Non-Responder“, die nicht davon profitieren.
Quellen
De Marées, H. (2003). Sportphysiologie (Korrigierter Nachdruck der 9., vollst. überarb. und erweit. Aufl.)*. Köln: Sport und Buch Strauss.
Wonisch, H., Hofmann, R., Förster, P., Hörtnagl, H., Ledl-Kurkowski, E., & M., Pokan (Hrsg.). (2017). Kompendium der Sportmedizin: Physiologie, Innere Medizin und Pädiatrie*. Springer-Verlag.
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