Richtig Aufwärmen – Wie sieht das optimale Warm Up aus?

Richtig Aufwärmen

Auch wenn dem Aufwärmen von allen Seiten ein hoher Stellenwert beigemessen wird, waren dessen Wirkungen bis vor kurzem nicht besonders gut erforscht. Vielmehr basierten die Konzepte auf Erfahrungswerten. In den letzten 10-15 Jahren hat sich hier aber einiges getan und die aktuellen Erkenntnisse sollen hier kurz dargestellt werden.

Auf einen Blick

  • Ein Aufwärmprogramm wirkt nicht nur leistungssteigernd, sondern beugt auch Verletzungen vor
  • Die optimale Dauer ist individuell und von Sportart zu Sportart unterschiedlich, als Richtwert kann man aber 15 Minuten sehen.
  • Die Intensität sollte während des Aufwärmens langsam gesteigert werden. Auch kurze Belastungen beim Wettkampftempo sollten enthalten sein.
  • In der Übergangszeit bis zum Start kann der Körper sich erholen und Laktat abbauen. Warme Kleidung kann das Abkühlen dabei verhindern.


Aufwärmen ist die physische und psychische Vorbereitung auf eine bevorstehende Belastung. Man unterscheidet dabei das passive Aufwärmen mit heißen Bädern, Duschen oder Massagen vom aktiven Aufwärmen. Letzteres kann sowohl allgemeine als auch sportartspezifische Elemente beinhalten. Auch mentale Techniken zählen zum aktiven Aufwärmen.

Was verändert sich durch das Aufwärmen?

In erster Linie steigen beim Aufwärmen – wie der Name schon sagt – die Muskeltemperatur und infolgedessen auch die Körpertemperatur. Ein Anstieg der Muskeltemperatur um 1°C verbessert die Leistung um 2-5%.

Die erhöhte Temperatur führt auch zu zahlreichen weiteren Anpassungen:

  • Die Stoffwechselaktivität steigt, wodurch sich auch die Energiebereitstellung verbessert
  • Neben der Nervenleitgeschwindigkeit erhöht sich die Muskelleitgeschwindigkeit um 5-12%. Signale vom Gehirn kommen dadurch schneller an.
  • Muskeln, Sehnen und Bänder werden beim Aufwärmen wiederholt gedehnt, was Verletzungen vorbeugt und eine ökonomischere Bewegung ermöglicht.
  • Die Empfindlichkeit der Hautsensoren und der Muskelspindeln steigt.
  • Weiterhin wird die hyaline Knorpelschicht an den Gelenkflächen dicker, was vor Knorpelschäden schützt.
  • Es steigen das Herz- und Atemminutenvolumen und damit einhergehend auch die Sauerstoffaufnahme. So kann das beim Start entstehende Sauerstoffdefizit verringert und anaerobe Energiespeicher können geschont werden.
  • Zuletzt erleichtert die erhöhte Temperatur auch die Abgabe von Sauerstoff an das Gewebe (Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve)

Wie sollte ich ein Warm Up gestalten?

Abfolge beim Aufwärmen

Beim Aufwärmen ist es entscheidend, die Balance zwischen der Belastungsintensität und der dadurch ausgelösten Ermüdung zu finden. Ist die Intensität zu gering, kann das Potential des Aufwärmens nicht voll ausgeschöpft werden. Ist jedoch die Ermüdung zu groß, leidet die Leistung darunter. Die passive Erwärmung mittels heißer Duschen oder Bäder hat hier den Vorteil, dass für die Temperaturerhöhung keine Energie verbraucht wird. Allerdings stehen diese Möglichkeiten bei Wettkämpfen nur selten zur Verfügung.

Dauer

Wer gut trainiert ist, profitiert von einem längeren Aufwärmprogramm. Auch morgens sollte man sich mehr Zeit nehmen als später im Tagesverlauf. Gleiches gilt für Erwachsene im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen. Bei hohen Umgebungstemperatur und hoher Luftfeuchtigkeit ist jedoch ein kürzeres Aufwärmprogramm sinnvoll. Die konkrete Dauer variiert je nach Sportart. 15 Minuten sind aber ein guter Richtwert.

Intensität

Dabei liegt der Fokus zunächst auf einer lockeren Erwärmung der großen Muskelgruppen z.B. durch Einlaufen. Die Intensität sollte im Verlauf des Aufwärmprogramms langsam gesteigert werden. Nach Mobilisierungs- oder Dehnübungen, die eher dynamisch als statisch sein sollten, folgen sportartspezifische Komponenten. In Mannschaftssportarten können das Kleinfeldspiele sein, bei Einzeldisziplinen kurze Belastungen bei Wettkampftempo. Bei Kurz- und Mittelstreckenläufern waren auch hochintensive Kraftbelastungen wie z.B. ein Satz Kniebeugen bei 85% des Einwiederholungsmaximum oder einige Drop Jumps förderlich.

Erholung

In der Zeit zwischen Aufwärmen und Start/Anpfiff hat der Körper die Möglichkeit, die beim Aufwärmen verbrauchten Energiespeicher wiederherzustellen und das entstandene Laktat abzubauen. Allerdings darf man auch nicht zu sehr Abkühlen, da sonst der Aufwärmeffekt verloren geht.

Auskühlen

Um die Muskeln warm zu halten, sollte man sich in der Übergangszeit wieder etwas Warmes überziehen. In einigen Studien konnte mit beheizter Bekleidung einem Abfallen der Muskeltemperatur erfolgreich entgegengewirkt werden.

Psychologische Faktoren

Neben der körperlichen Erwärmung ist auch die psychische Vorbereitung nicht zu vernachlässigen. Die Wirksamkeit mentaler Techniken wurde für verschiedene Sportarten nachgewiesen und unter Hochleistungssportlern sind sie sehr weit verbreitet.

Abschließend noch ein Satz zu Mannschaftssportarten. Auch in der Halbzeitpause kühlt man aus und ein kurzes Aufwärmen zum Ende der Pause kann die Leistung in der zweiten Halbzeit verbessern. Eine Studie im Fußball untersuchte ein 3-minütiges Wiederaufwärmprogramm. Dabei hatten sowohl ein kurzes 2 gegen 2-Kleinfeldspiel als auch 5 Wiederholungen an der Beinpresse förderliche Effekte.

Zusammenfassung

Aufwärmen verbessert die Leistungsfähigkeit und beugt Verletzungen vor. In den meisten Sportarten sollte es etwa 15 Minuten dauern und kurze Belastungen bei Wettkampfintensität enthalten. Das Auskühlen in der Übergangszeit bis zum Start kann man mit warmer Kleidung verhindern.

Quellen

de Marées, H., & Heck, H. (2002). Sportphysiologie (9., vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl.)*. Köln: Sport und Buch Strauss.

McGowan, C. J., Pyne, D. B., Thompson, K. G., & Rattray, B. (2015). Warm-up strategies for sport and exercise: mechanisms and applications. Sports Medicine, 45(11), 1523-1546.

Sale, D. G. (2002). Postactivation potentiation: role in human performance. Exercise and sport sciences reviews, 30(3), 138-143.

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Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 125 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.