Das Lauf-ABC: Grundlagen für Läufer?

Lauf-ABC

Das Lauf-ABC ist sehr weit verbreitet und wird von Läufern aller Leistungsklassen durchgeführt. Es soll die Lauftechnik und damit auch die Leistungsfähigkeit verbessern. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem Bereich sind dem gegenüber sehr erstaunlich.

Auf einen Blick

  • Das Lauf-ABC betont bestimmte Teile der Laufbewegung, um die Lauftechnik und damit auch die Leistung zu verbessern.
  • Es gibt bisher keine wissenschaftliche Grundlage, auf der man die Durchführung des Lauf-ABCs empfehlen kann.
  • Ein möglicher Einsatzort ist aber das Aufwärmen, um koordinativ auf das Laufen vorzubereiten.

Wofür ist das Lauf-ABC gut?

Das Lauf-ABC soll die Lauftechnik und damit auch das Tempo verbessern. Dazu werden Übungen durchgeführt, die der Laufbewegung ähneln, dabei aber bestimmte Teile der Bewegung wie z.B. Kniehub, Hüftstreckung oder den Fußabdruck besonders betonen.

Wie ist der wissenschaftliche Stand?

Um es in einen Satz zu sagen: der wissenschaftliche Stand ist erstaunlich. Nicht etwa, weil große Leistungssteigerung möglich sind, sondern weil dieses Gebiet kaum erforscht ist. Und das obwohl das Lauf-ABC so weit verbreitet ist.  Die wenigen Studien, die es gibt, beschäftigen sich hauptsächlich mit biomechanischen Aspekten. Eine leistungssteigernde Wirkung wurde nur in einer einzigen Studie untersucht – und nicht gefunden. Angesichts der bisher nicht nachgewiesenen Wirksamkeit bleibt es jedem selbst überlassen, ob er das Lauf-ABC ins Training integriert. Für klare Empfehlungen sind noch weitere Studien nötig. Da aber auch Intervalltraining und Tempoläufe die Lauftechnik verbessern, sollten alle, deren Zeit knapp bemessen ist, sich eher diesen Trainingsformen zuwenden. Ein möglicher Einsatzzweck sei aber noch genannt: das Aufwärmen. Dort ist es als koordinativ forderndes Element – zumindest aus theoretischen Überlegungen – gut aufgehoben, um auf die bevorstehenden Bewegungsabläufe vorzubereiten. Daher nun auch eine Erklärung der einzelnen Übungen.

Die Übungen

Die Strecke, auf der die Übungen ausgeführt werden, sollte etwa 20 Meter lang sein. Das Programm sollte etwa 5 bis 10 Minuten dauern und die folgenden Übungen enthalten. Die Arme sollte immer wie beim Laufen mitschwingen.

Kniehebelauf

Zweck: Kniehub betonen

  • Knie vor dem Körper bis auf Hüfthöhe bringen.
  • Auf eine saubere, aufrechte Körperhaltung achten.
  • Immer die Arme so wie bei der Laufbewegung mitnehmen.

Anfersen

Zweck: Betonung der hinteren Schwungphase

  • Das Bein nach hinten zum Gesäß führen.
  • Die Zehenspitzen anziehen und die Bewegungen dynamisch ausführen
  • Immer die Arme so wie bei der Laufbewegung mitnehmen.

Fußgelenksarbeit

Zweck: Abstoßimpuls aus dem Fußgelenk betonen

  • Aufrechte hinstellen.
  • Mit einem Fuß auf die Zehenspitzen gehen und von der Zehenspitze zur Ferse abzurollen.
  • Langsam beginnen und bei flüssiger Ausführung die Frequenz steigern.
  • Die Zehenspitze verlässt bei der Bewegung kaum den Boden.

Skippings

Zweck: Abstoßimpuls aus dem Fußgelenk und aktiven Fußaufsatz betonen

  • Skippings ähneln der Fußgelenksarbeit zeichnen sich jedoch durch eine hohe Frequenz und einen höheren Kniehub bis etwa 70 Grad aus.
  • Knie abwechselnd heben bis etwa 70 Grad an.
  • Zehenspitzen anziehen und immer nur auf dem Vorfuß landen.

Hopserlauf

Zweck: Betonung der aufrechten Körperhaltung sowie der Streckung im Hüft-, Knie-, und Fußgelenk, Entwicklung des Abstoßimpulses

  • Auf eine saubere, aufrechte Körperhaltung achten.
  • Hüfte bleibt gestreckt
  • Die Arme gehen entsprechend der Laufbewegung mit den Hopsern mit.

Seitsprünge

Zweck: Sensibilisierung für die Laufrichtung

  • Seitlich zur Laufrichtung springen.
  • Die Beine werden dabei gespreizt und wieder angezogen.
  • Auf eine saubere, aufrechte Körperhaltung achten.

Überkreuzungslauf

Zweck: Entwicklung der Hüftbeweglichkeit und -koordination

  • Seitlich laufen und die Beine abwechselnd vor und hinter dem Körper überkreuzen.
  • Die Drehung beim Überkreuzen der Beine sollte nur aus der Hüfte kommen, der Oberkörper bleibt seitlich zur Laufrichtung ausgerichtet
  • Arme in die Hüfte stützen oder die Arme strecken.
  • Beide Seiten trainieren.

Rückwärtslaufen

Zweck: Betonung der Streckung im Hüft-, Knie-, und Fußgelenk

  • Rückwärtslaufen.
  • Den Fuß so hoch wie möglich zum Gesäß ziehen.

Steigerungslauf

Zweck: ähnlich wie Tempoläufe zur Entwicklung eine kraftvollen Lauftechnik

  • Mit langsamem Tempo beginnen und die Geschwindigkeit bis zum Sprint steigern.
  • Die Distanzen sollten zwischen 80 und 100 Metern liegen
  • Auf eine korrekte Lauftechnik achten.
  • Bei nachlassender Sauberkeit in der Ausführung das Tempo reduzieren oder mit anderen Übungen weitermachen.

Zusammenfassung

Das Lauf-ABC ist sehr weit verbreitet, aber nur sehr schlecht wissenschaftlich untersucht. Daher können keine klaren Empfehlungen ausgesprochen werden. Die Integration in das Aufwärmprogramm ist aber eine gute Möglichkeit. Auch Intervalltrainings oder Tempoläufe sind gute Möglichkeiten, die Lauftechnik zu verbessern.

Quellen

Azevedo, A. P., Mezêncio, B., Valvassori, R., Anjos, F. O., Barbanti, V. J., Amadio, A. C., & Serrão, J. C. (2015). Usage of Running Drills in an Interval Training Program: Implications Related to Biomechanical Parameters of Running. The Journal of Strength & Conditioning Research, 29(7), 1796-1802.

Lange, H. (2001). Vom Lauf-ABC zum Laufexperiment–und dann wieder zurück?. Sportpraxis Sonderheft, 29-34.

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 124 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.