
Die hier vorgestellte Studie untersuchte, welche Auswirkungen bestimmtes Sportarten auf die Sterblichkeit haben. Dabei handelt es sich um den bisher größten Datensatz zum sportartspezifischen Mortalitätsrisiko (Sterberisiko). Fürs Laufen und Fußball konnte dabei kein signifikanter Nutzen nachgewiesen werden. Heißt das, dass man als Läufer oder Fußballspieler die Sportart wechseln sollte?
Auf einen Blick
- Höhere Belastungsintensitäten bieten einen größeren gesundheitlichen Nutzen, die Wirkung einzelner Sportarten ist noch nicht gut untersucht.
- Diese Studie stellt einen Zusammenhang zwischen Schwimmen, Aerobics, und Rückschlagspielen und einer niedrigeren Gesamtsterblichkeit und Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen her.
- Für das Rad fahren besteht dieser Zusammenhang nur für die Gesamtsterblichkeit. Laufen und Fußball sind nicht mit einer signifikant reduzierten Sterblichkeit assoziiert.
- Trotzdem wirkt Sport generell positiv auf die Gesundheit und wer eine für sich passende Sportart gefunden hat, darf gerne dabeibleiben.
Hintergrund – Warum sollte diese Frage untersucht werden?
Sport ist erwiesenermaßen gut für das Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel. Mehrere Studien haben gezeigt, dass intensive Aktivität (RR=0,78)* das Sterblichkeitsrisiko stärker reduziert als moderate Aktivität (RR=0,86) oder Alltagsaktivitäten (RR=0,90). Es bleibt aber unklar, ob die ausgeübte Sportart einen Unterschied macht. Eine kürzlich veröffentlichte Übersichtsarbeit bietet Hinweise für die Gesundheitsvorteile von Laufen und Freizeitfußball. Andere Sportarten sind weniger gut erforscht.
Methoden – Wie wurde die Fragestellung untersucht?
Um zu untersuchen, welche Auswirkungen einzelne Sportarten auf die Gesamtsterblichkeit und die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, griffen die Autoren auf Daten aus der Health Survey for England (HSE) und der Scottish Health Survey (SHeS) zurück. In deren Rahmen wurden von 1994 bis 2008 repräsentative Stichproben in England und Schottland erhoben.
Die berücksichtigten Sportarten wurden in mehrere Kategorien eingeteilt:
- Rad fahren (jegliches Rad fahren)
- Schwimmen
- Aerobics (Aerobic/Fitness/Turnen/Tanzen)
- Laufen (Laufen/Joggen)
- Fußball (Fußball/Rugby)
- Rückschlagspiele (Badminton/Tennis/Squash)
Für jede dieser Kategorien wurde die sportliche Aktivität nach Häufigkeit, Intensität und Dauer innerhalb der letzten vier Wochen abgefragt. Der durchschnittliche Nachbeobachtungszeitraum lag bei 9,2 Jahren.
Ergebnisse – Was ist die gesündeste Sportart?
Die Studie schloss letztendlich 80.306 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 51,9 Jahren ein. Von diesen kamen nur 44,3% auf das empfohlene Mindestmaß an körperlicher Aktivität.
Für die Auswertung wurden die Auswirkungen von Alter und Geschlecht, chronische Erkrankungen, Alkoholkonsum, psychischer Belastung, BMI, Rauchstatus, Bildungsniveau, kardiovaskulären oder Krebserkrankungen und anderer körperliche Aktivität herausgerechnet, da diese auch einen Einfluss auf die Sterblichkeit haben können.
Die Tabelle zeigt die relativen Risiken für die einzelnen Sportarten:
Sportart | Gesamtsterblichkeit
(RR mit 95%-Konfidenzintervall**) |
Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen (RR mit 95%-Konfidenzintervall) |
Schwimmen | 0.72 (0.65 bis 0.80) | 0.59 (0.46 bis 0.75) |
Rad fahren | 0.85 (0.76 bis 0.95) | 0.93 (0.76 bis 1.16) |
Aerobics | 0.73 (0.63 bis 0.85) | 0.64 (0.45 bis 0.92) |
Laufen | 0.87 (0.68 bis 1.11) | 0.81 (0.47 bis 1.39) |
Rückschlagspiele | 0.53 (0.40 bis 0.69) | 0.44 (0.24 bis 0.83) |
Fußball | 0.82 (0.61 bis 1.11) | 0.90 (0.49 bis 1.64) |
Schwimmen, Aerobics, und Rückschlagspiele waren dabei mit einer signifikant niedrigeren Gesamtsterblichkeit und Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert. Beim Rad fahren bestand dieser Zusammenhang nur für die Gesamtsterblichkeit. Laufen und Fußball waren nicht mit einer signifikant reduzierten Sterblichkeit assoziiert.
Diskussion – Wie sind diese Ergebnisse einzuordnen?
Heißt das jetzt, dass man nicht mehr Laufen oder Fußball spielen sollte? Im Gegensatz zu der aktuellen Studie, fanden frühere Studien, dass Laufens das Sterblichkeitsrisiko senkt (Risikoreduktion zwischen 27% und 45%). Ein Grund für die nicht signifikante Risikoreduktion kann auch die relativ kleine Anzahl an Studienteilnehmern in dieser Kategorie sein, was zu breiteren Konfidenzintervallen führt. Gleiches gilt für das Fußballspielen. Auch die Autoren schlussfolgern, dass die vorliegenden Ergebnisse die positiven Auswirkungen des Laufens und Fußballspielens unterstreichen.
Ein weiteres Problem dieser Studie ist, dass als Vergleichsgruppe alle Nicht-Läufer herangezogen wurden. Das beinhaltet neben den Inaktiven auch all diejenigen, die andere Sportarten betreiben. Der Vergleich ist also nicht zwischen Läufern und Inaktiven, sondern zwischen Läufern und einer Mischung aus Inaktiven und solchen, die einen anderen Sport betreiben.
Des Weiteren kann die Sterblichkeit als Endpunkt nicht die Lebensqualität oder das soziale und mentale Wohlbefinden während der Lebenszeit abbilden. Auch hier können sich durch verschiedene Sportarten Unterschiede ergeben. Und schlussendlich ist die vorliegende Studie eine epidemiologische, die nur Zusammenhänge aufzeigen kann. Eine Kausalität (z.B. dass Schwimmen Ursache für die reduzierte Sterblichkeit ist) kann nur in Interventionsstudien nachgewiesen werden.
Zusammenfassung
Auch die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die Ergebnisse den Nutzen körperlicher Aktivität für die Gesundheit unterstreichen. Ob die verschiedenen Sportarten ursächlich für unterschiedliche Sterblichkeitsrisiken sind, müssen Interventionsstudien klären. Wer eine für sich passende Sportart gefunden hat, darf gerne dabeibleiben.
*RR ist das relative Risiko. Das Risiko in der Vergleichsgruppe (hier: kein Sport) ist 1. Dementsprechend bedeutet ein RR von 0,78, dass das Risiko in dieser Gruppe 22% geringer ist.
**Das 95%-Konfidenzintervall gibt an, wie sicher eine Beobachtung nicht rein zufällig ist. Schließt das Konfidenzintervall eines relativen Risikos die 1 mit ein, ist die Beobachtung noch zu wahrscheinlich zufällig, als dass man sie als gesichert annehmen könnte.
Quellen
Oja, P., Kelly, P., Pedisic, Z., Titze, S., Bauman, A., Foster, C., … & Stamatakis, E. (2016). Associations of specific types of sports and exercise with all-cause and cardiovascular-disease mortality: a cohort study of 80 306 British adults. British Journal of Sports Medicine, bjsports-2016.