
Wenn man sich einen Knochen bricht, wächst der – mal mit, mal ohne OP – wieder zusammen. Aber wie funktioniert das? Und besonders, wenn du dachtest, dass nach ein paar Wochen wieder alles beim Alten ist, solltest du weiterlesen.
Auf einen Blick
- Bei der Knochenheilung unterscheidet man die primäre von der sekundären Knochenheilung.
- Bei der primären Heilung wird der Bruchspalt direkt knöchern überbaut. Sie tritt nach Osteosynthese auf.
- Bei der sekundären Heilung bildet sich zunächst ein weicher, bindegewebiger Kallus, der erst später verknorpelt und schließlich verknöchert.
- Die Knochenheilung gliedert sich in die Entzündungsphase, die Proliferationsphase und die Remodellierungsphase.
Primäre oder sekundäre Knochenheilung?
Bei der Knochenheilung unterscheidet man die primäre oder direkte von der sekundären oder indirekten Knochenheilung. Diese Arten treten abhängig von der Situation an der Bruchstelle auf. Dafür sind insbesondere der Abstand und die Stabilität zwischen den Bruchstücken entscheidend.
Voraussetzung für die primäre Knochenheilung ist, dass die Bruchstücke bis auf wenige Millimeter angenähert sind und dazwischen keine Bewegung mehr möglich ist. So ruhiggestellt ist der Knochen nur nach einer operativen Osteosynthese. Sind die beiden Knochenenden also fest mit z.B. einer Platte verbunden, fangen Osteoklasten (Zellen, die den Knochen abbauen) an, kleine „Bohrlöcher“ in den Knochen zu fressen. Von dem anderen Knochenstück ausgehend fangen Osteoblasten (Zellen, d ie Knochen aufbauen) an, diese Löcher aufzufüllen. Vom Prinzip ist das so wie das Dübeln beim Zusammenbauen deines IKEA-Regales. Das ist die Kontaktheilung.
Wo kein unmittelbarer Knochenkontakt besteht, ist noch ein Zwischenschritt notwendig. Zunächst sprießen Kapillaren (kleine Blutgefäße) umgeben von Bindegewebe in den kleinen Spalt ein. Darin entwickeln sich dann Osteoblasten, die erstmal Geflechtknochen bilden. Dieser wird im weiteren Verlauf zu Lamellenknochen umgebaut. Das bezeichnet man als Spaltheilung. Bis zur kompletten Heilung dauert es auch bei der primären Knochenheilung mehrere Monate bis Jahre.
Ab einer Spaltbreite von etwa 5 mm funktioniert dies aber nicht mehr richtig und es kommt zu einer Pseudarthrose. Pseudarthrose heißt übersetzt „falsches Gelenk“ und beschreibt die ausbleibende Knochenheilung.
Sekundäre Knochenheilung
Bei der sekundären Knochenheilung macht der Körper zunächst das, was bei der primären Knochenheilung der Operateur gemacht hat – er stabilisiert den Frakturspalt um eine gute Heilung zu ermöglichen. Der Bluterguss und lebloses Knochenmaterial im Frakturbereich werden teilweise abgebaut. Dann sprießen Kapillaren ein, im Frakturspalt bildet sich Granulationsgewebe und um die Bruchstelle herum ein bindegewebiger, weicher Kallus. Kallus bedeutet übersetzt „dicke Haut“. Im weiteren Verlauf verknorpelt und verknöchert der Kallus. Nachdem er den Frakturspalt so stabilisiert hat, wird der Frakturspalt von außen nach innen immer weiter knöchern überbaut. Der zuerst entstandene Geflechtknochen wird in Lamellenknochen umgebaut.
Knochenheilungsphasen
Auch die Knochenheilung kann man wie die Bandheilung in drei Phasen einteilen:
- In der Entzündungsphase, die bis zu 1 Woche dauert, bildet sich ein Hämatom, Gefäße sprossen ein, abgestorbener Knochen wird abgebaut und es bildet sich Granulationsgewebe im Bruchspalt.
- In der Proliferationsphase werden Bindegewebe und der weiche Kallus gebildet. Im weiteren Verlauf verknorpelt die Bruchstelle und es bildet sich Geflechtknochen (harter Kallus). Diese Phase dauert einige Wochen.
- Mit am spannendsten ist die Remodellierungsphase. Der Kallus wird zunehmend mineralisiert, zu Lamellenknochen umgebaut und nimmt schließlich die Ursprungsform des Knochens ein. Nach etwa 6 Monaten ist der Knochen wieder voll belastbar, die Umbauphase dauert aber Monate bis Jahre. Körperliche Aktivität fördert diese Umbauprozesse über den muskulären Zug am Knochen. Hier gilt also “Use it or lose it“.
Besonders interessant ist, wie diese Umbauprozesse funktionieren. Bei Belastung des Knochens bilden sich Ladungen an den Oberflächen. An den konvexen Oberflächen ist die Ladung positiv und die Osteoklasten bauen Knochen ab. An den konkaven Oberflächen ist die Ladung hingegen negativ und so wissen die Osteoblasten, dass sie hier Knochen aufbauen müssen.
Zusammenfassung
Die Knochenheilung geschieht abhängig von den Verhältnissen an der Bruchstelle primär oder sekundär. Bei der primären Heilung wird der Bruchspalt direkt knöchern überbaut. Bei der sekundären Knochenheilung entsteht zunächst ein bindegewebiger Kallus, der dann verknorpelt und schließlich verknöchert. Zwar ist der Knochen nach einigen Wochen wieder belastbar, die volle Stabilität hat er aber erst nach mehreren Monaten und die Umbauprozesse sind teilweise erst nach Jahren abgeschlossen.
Quellen
Konrads, C., & Giebel, G. (2012). Grundlagen der Frakturheilung und Bedeutung für die Osteosynthese. CHAZ, 13(9), 468-470.
Oryan, A., Monazzah, S., & Bigham-Sadegh, A. (2015). Bone injury and fracture healing biology. Biomedical and environmental sciences, 28(1), 57-71.