Hilft eine Operation beim Impingement der Schulter?

Die subacromiale Dekompression also die Erweiterung des Raumes zwischen Oberarmkopf und Schulterdach ist eine beliebte Operation beim Impingementsyndrom der Schulter. Eine neue Studie stellt nun den Nutzen dieser OP in Frage.

Auf einen Blick

  • In der Studie wurden 313 Patienten auf drei Gruppen verteilt: Arthroskopie mit subacromialer Dekompression, Arthroskopie ohne weitere Maßnahmen und keine weitere Behandlung.
  • Die Ergebnisse bei operierten Patienten waren etwas besser, die klinische Relevanz dieser Besserung ist jedoch fraglich.
  • Möglicherweise ist auch die Nachbehandlung nach der Operation für die Besserung verantwortlich und in der Gruppe ohne weitere Behandlung spielen evtl. Nocebo-Effekte eine Rolle.
  • Unterm Strich ist der therapeutische Nutzen einer subacromialen Dekompression kritisch zu sehen und die Operation ist nicht für jede Art von Schulterschmerz sinnvoll. Die Indikation sollte daher sorgfältig gestellt werden.

Hintergrund – Warum sollte man den Sinn einer OP bei Impingement untersuchen?

Schulterimpingement ist eine häufige Erkrankung und vor allem bei längeren Verläufen wird schnell zu einer Operation geraten. Die Studienlage hierzu ist jedoch widersprüchlich. Während einige Studien keine Überlegenheit der Operation gegenüber Physiotherapie nachweisen können, berichten andere von guten operativen Ergebnissen. Eine randomisierte, kontrollierte Studie zeigte, dass die Bursektomie mit subacromialer Dekompression einer reinen Bursektomie nicht überlegen war. Bei der subacromialen Dekompression werden ein Teil des subacromialen Knochens sowie der dort liegende Schleimbeutel und Weichteile abgetragen. Es scheint also nicht darauf anzukommen, was während der OP gemacht wird. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Effektivität einer subacromialen Dekompression mit einer diagnostischen Gelenkspiegelung und keiner weiteren Therapie zu vergleichen.

Methoden – Wie wurde die Fragestellung untersucht?

Für die Studie verteilte man 313 Patienten aus 30 Krankenhäusern in Großbritannien zufällig auf drei Gruppen.

  1. Subakromiale Dekompression
  2. Diagnostische Arthroskopie
  3. Keine Therapie

Die Patienten mussten mindestens seit 3 Monate Beschwerden haben und bereits Physiotherapie und eine Steroidinjektion erhalten haben, um in die Studie aufgenommen zu werden. Bei vollständige Rupturen der Rotatorenmanschette war eine Teilnahme nicht möglich. Nach 6 und 12 Monaten wurden die Patienten wieder einbestellt, um die Ergebnisse zu beurteilen.

Ergebnisse – Was ist bei der Studie herausgekommen?

Dabei zeigte sich nach sechs Monaten ein etwas höherer Oxford Shoulder Score (OSS) in beiden operativen Gruppen gegenüber der Kontrollgruppe. Es gab aber in allen Gruppen nach 6 und 12 Monaten eine signifikante Verbesserung. Bei allen anderen gemessenen Ergebnissen (z.B. den Schmerzen) zeigten sich ähnliche Ergebnisse: Die operativen Gruppen waren gleichauf mit einem kleinen Vorteil gegenüber der Kontrollgruppe. Im Allgemeinen war auch die Patientenzufriedenheit in den operativen Gruppen etwas höher.

Ergebnisse der OP bei Impingement
Oxford Shoulder Score nach 6 und 12 Monaten nach Beard et al. 2017

Diskussion – Wie sind diese Ergebnisse einzuordnen?

Fazit dieser Studie ist, dass sich die Beschwerden unabhängig von der Therapieform verbessern. Auch wenn es einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den operativen Gruppen und der Gruppe ohne Behandlung gab, ist es fraglich, ob dies eine Bedeutung für den klinischen Alltag hat.

Interessant ist jedoch, dass die operativen Gruppen gleichauf waren. Es machte für das Ergebnis also keinen Unterschied, ob während der Arthroskopie eine subacromiale Dekompression durchgeführt wurde oder nicht.

Die Aussagekraft der Studie wird dadurch eingeschränkt, dass sich viele Patienten nicht an die Gruppenzuteilung gehalten haben. Jedoch machte das im Ergebnis keinen Unterschied. Experten kritisieren auch, dass beim Einschluss der Patienten in die Studie nicht nach der Ursache des Schmerzes unterschieden wurde. Die Verbesserungen bei den operierten Patienten hängen zudem möglicherweise mit der physiotherapeutischen Nachbehandlung zusammen. Und bei den Patienten, die keine weitere Behandlung erhalten haben, kann auch ein Nocebo-Effekt für das schlechtere Ergebnis verantwortlich sein.

Quellen

Beard, D. J., Rees, J. L., Cook, J. A., Rombach, I., Cooper, C., Merritt, N., … & Moser, J. (2017). Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain (CSAW): a multicentre, pragmatic, parallel group, placebo-controlled, three-group, randomised surgical trial. The Lancet.

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 125 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.