Schambeinentzündung – gezielte Diagnostik und Therapie

Schambeinentzündung
Schambeinentzündung ist im Fußball häufig

Die Schambeinentzündung wird im Allgemeinen als eine Überlastungserscheinung angesehen. Durch hohe Belastungen über längere Zeiträume wird der Knochen im Symphysenbereich gereizt und zeigt im MRT das bekannte Ödem. Zwar ist es naheliegend, die Schambeinentzündung wie ein Knochenmarködem an anderen Körperteilen zu behandeln, die anatomischen Besonderheiten erfordern aber eigene Therapieprinzipien.

Auf einen Blick

  • Die Schambeinentzündung tritt häufig in Sportarten mit schnellen Richtungswechseln und Schussbewegungen auf und geht mit Schmerzen im Bereich der Symphyse und der Adduktoren einher.
  • Schambeinentzündungen werden am besten durch eine relative Sportpause und eine multimodale physiotherapeutische Behandlung therapiert. Auch die Stoßwellentherapie hat vielversprechende Ergebnisse gezeigt.
  • Die operative Therapie spielt eine untergeordnete Rolle.

In welchen Sportarten tritt die Schambeinentzündung am meisten auf?

Vor allem im Fußball ist die Schambeinentzündung ein immer wieder auftretendes Problem, aber auch Sportler aus anderen Sportarten wie Eishockey, Football, Rugby oder Läufer sind häufiger betroffen. Interessanterweise beklagen in Sportarten wie Australian Football meistens diejenigen Spieler Leistenschmerzen, die aufgrund ihrer Spielposition häufiger Schussbewegungen durchführen.

Was sind typische Beschwerden bei einer Schambeinentzündung?

Typischerweise beginnen die Schmerzen bei einer Schambeinentzündung schleichend. Bei der körperlichen Untersuchung finden sich ein Druckschmerz über der Symphyse und Schmerzen bei der Anspannung der unteren Bauchmuskulatur und Adduktoren gegen Widerstand. Radiologisch wird die Diagnose im MRT gesichert.

Eine schwierige Diagnose?

Vor allem im Leistenbereich treten häufig mehrere Erkrankungen oder Verletzungen (z.B. Hüftimpingement) gleichzeitig auf. Wenn sich im MRT eine Schambeinentzündung zeigt, muss man sich immer fragen, ob diese die Beschwerden auch tatsächlich erklärt. Die typischen Veränderungen im MRT kommen nämlich auch bei beschwerdefreien Sportlern vor.

Konservative Therapie der Schambeinentzündung

In den meisten Fällen wird nach einer initialen Sportpause ein physiotherapeutisches Rehabilitationsprogramm begonnen. Dessen hauptsächliches Ziel ist die Kräftigung der beckenumgreifenden Muskulatur und die Stabilisierung des Beckens. Bei Schmerzen werden häufig NSAR (z.B. Ibuprofen) eingesetzt, wobei sich die Frage stellt, ob diese die beste Wahl bei einer Knochenpathologie sind. Unterstützend kommen gelegentlich Kryotherapie, sowie Laser- und Ultraschalltherapie zum Einsatz.

Darüber hinaus sollte eine Vitamin D-Substitution erfolgen. Hier sind hochnormale Blutspiegel das Ziel. Bei Therapieresistenz kann auch die Gabe von Bisphosphonaten erwogen werden. Diese stellen aber auch hier einen Off-Label-Use dar und Patienten sind darüber aufzuklären.

Ein Cochrane-Review zur Therapie des chronischen Leistenschmerzes fand nur zwei randomisierte, kontrollierte Studien, die sich aber nicht ausschließlich mit der Therapie der Schambeinentzündung befassten. Die erste der beiden Studien verglich eine aktive mit einer passiven Therapie. Die aktive Therapie beinhaltete Kräftigungsübungen hauptsächlich für die Bauch-, Abduktoren- und Adduktorenmuskulatur sowie Koordinationsübungen. Die passive Therapie umfasste Laser- und TENS-Behandlung sowie Querfriktionsmassage und Dehnübungen. Hier war die aktive Therapie überlegen.

In der zweiten Studie wurde die eben beschriebene, aktive Therapie mit einer multimodalen Therapie verglichen, die manuelle Therapie und Dehnübungen umfasste. Beide Gruppen führten dann das gleiche return to running-Programm durch. Die return to sport-Raten waren ähnlich, die Sportler konnten nach multimodaler Behandlung aber etwa 5 Wochen früher in den Sport zurückkehren (12,8 vs. 17,3 Wochen). Allerding wurde das return to running-Programm in der Gruppe mit multimodaler Therapie früher begonnen, was den zeitlichen Vorteil erklären könnte.

Neue Studie zur Stoßwellentherapie

In einer erst kürzlich veröffentlichten randomisierten, kontrollierten Studie, die ausschließlich Patienten mit Schambeinentzündung einschloss, verglichen die Autoren zudem die Wirksamkeit der extrakorporalen Stoßwellentherapie mit einer Placebo-Stoßwellenbehandlung. Die 44 Fußballer aus beiden Gruppen führten zusätzlich ein Rehaprogramm durch, in dessen Rahmen nach einer anfänglichen Sportpause mit physiotherapeutischer Behandlung die Belastung langsam bis hin zu sportartspezifischen Trainingselementen steigerte. Es zeigte sich, dass die Patienten aus der Stoßwellengruppe nach einem Monat weniger Schmerzen hatten und schneller in den Spielbetrieb zurückkehren konnten (73,2 vs. 102,6 Tage).

Ein weiteres Standbein ist die Injektionstherapie. Die Injektion von Kortikosteroiden in die Symphyse führte jedoch zu gemischten Ergebnissen. Zwar sprechen mehr als die Hälfte (58,6%) gut darauf an, demgegenüber stehen aber immerhin 20,7%, bei denen keine Besserung festzustellen war. Die Infiltration mit Glukose und einem Lokalanästhetikum konnte in einer Fallserie mit 24 Sportlern bei 97,1% das erfolgreiche return to play im Mittel nach 9 Wochen ermöglichen.

Insgesamt lässt die Studienlage noch zu wünschen übrig, zumal Studien, die bei der Methodik schlechter abschnitten, häufig bessere Therapieergebnisse präsentierten.

Operation selten hilfreich

Die operative Therapie hat bei der Schambeinentzündung einen eher untergeordneten Stellenwert. Sie kommt erst nach einem längeren Intervall erfolgloser konservativer Therapie in Frage und die Vor- und Nachteile sind mit dem Sportler genau zu erörtern. Auch hier liegen nur geringe Fallzahlen vor. Beschrieben sind z.B. das laparoskopische Einbringen eines preperitonealen Netzes in den retropubischen Raum ähnlich wie bei Leistenbrüchen, das Anbohren des Schambeins, die Kürettage der Symphyse oder die Arthrodese des Symphysengelenks. Bei letzterem sind die Erholungszeiten mit mehr als 6 Monaten aber sehr lang und der Eingriff ist komplikationsträchtig. Viele Patienten entwickeln ISG-Beschwerden. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob bei einer chirurgischen Intervention die operative Versorgung an sich oder die damit verbundene Ruhigstellung zu einer Besserung führt.

Zusammenfassung

Das Hauptaugenmerk bei der Therapie der Schambeinentzündung liegt nach einer initialen Sportpause auf dem graduellen Belastungsaufbau. Der Physiotherapie und Bewegungstherapie kommt hier ein großer Stellenwert zu. Interessant sind auch die neueren Erkenntnisse zur Stoßwellentherapie. Als medikamentöse Unterstützung sollte Vitamin D substituiert werden – bei Therapieresistenz können auch Bisphosphonate in Erwägung gezogen werden. Die operative Therapie spielt lediglich eine untergeordnete Rolle.

Quellen

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Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 125 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.