Wie schädlich sind Schmerzmittel beim Sport?

Schmerzmittel im Sport

Schmerzmittel werden im Sport häufig gebraucht und auch missbraucht. Erhebungen bei Großveranstaltungen haben gezeigt, dass teilweise mehr als 60% der Breitensportler vor dem Start Schmerzmittel einnehmen. Dabei werden die Risiken häufig außer Acht gelassen.

Auf einen Blick

  • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Diclofenac sind gut wirksame Schmerzmittel, häufig werden sie jedoch schon präventiv vor der Belastung eingenommen.
  • Die Einnahme führt nicht zu einer Leistungssteigerung.
  • Weiterhin ist das Risiko für Nierenschädigungen und Magen-Darm-Blutungen erhöht.

Sport ist gesund – bis zu einem gewissen Maß

Sport hat viele Vorteile für die Gesundheit. Schon 2 Stunden Sport in der Woche reduzieren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ins Unendliche sollte man die Trainingsumfänge aber auch nicht steigern. Irgendwann wird auch Sport potenziell ungesund. Bei Marathonläufern hat man z.B. festgestellt, dass diese mehr Gefäßverkalkungen haben als die Normalbevölkerung. Ungesund wird es meistens dort, wo es schmerzhaft wird. Und vor allem im (Hoch-)Leistungssport werden Schmerzen regelmäßig in Kauf genommen.

Daher werden im Sport häufig Schmerzmittel eingenommen – insbesondere NSAR wie Ibuprofen und Diclofenac. Das kann schwerwiegende Folgen haben: Der Fußballer Ivan Klasnic musste deswegen mehrfach nierentransplantiert werden. Umso erschreckender ist es, dass beim Gewichtheben und in der Leichtathletik bis zu 100% der Sportler Schmerzmittel einnehmen. Auch im Profifußball sprechen einige von einer exzessiven Einnahme. Das Problem ist aber nicht auf den Leistungssport beschränkt. Erhebungen beim Bonn Marathon zeigten, dass mehr als 60% der Läufer bereits vor dem Start zu Schmerzmitteln greifen.

Zwar haben diese Schmerzmittel nach dem Sport eine gute schmerzstillende Wirkung, die Einnahme vor dem Sport ist aber aus mehreren Gründen kritisch zu sehen.

Problem Nr. 1: Schmerzmittel schaden den Nieren

Das Beispiel Ivan Klasnic zeigt eindrucksvoll, wie weit diese Nierenschädigung gehen kann. Problematisch ist, dass die NSAR die Durchblutung der Niere reduzieren. Da bei körperlicher Belastung die Durchblutung der Niere ohnehin schon zugunsten der Muskulatur vermindert ist, stellt dies eine ungünstige Kombination dar. Insbesondere wenn durch Muskelschädigungen Muskelprotein erst in die Blutbahn und dann in die Niere gelangt, können weitere Schäden auftreten. So können lange Ausdauerbelastungen mit zusätzlicher Schmerzmitteleinnahme auch im akuten Nierenversagen enden.

Problem Nr. 2: Das Blutungsrisiko steigt

Die wiederholte Erschütterung der Organe z.B. beim Laufen kann zu Organverletzungen führen. Das betrifft vor allem den Gastrointestinaltrakt, dessen Reparaturmöglichkeiten und Barrierefunktion durch die deutlich reduzierte Durchblutung eingeschränkt sind. Darüber hinaus haben NSAR eine weitere negative Wirkung auf die Barrierefunktion. Der Übertritt von Bakterien und Toxinen in die Blutbahn wird so immer wahrscheinlicher. Sportler berichten nach sehr langen Belastungen von Blut in Stuhl und Urin. Die Blutungen werden durch die gerinnungshemmende Wirkung einiger Schmerzmittel, insbesondere aber Aspirin, begünstigt.

Problem Nr. 3: Keine leistungssteigernde Wirkung

Schmerzmittel können die Schmerzen beim Sport nicht wirksam mildern, lediglich Krämpfe treten evtl. etwas seltener auf. Auch eine leistungssteigernde Wirkung konnte bisher nicht nachgewiesen werden. In Tierversuchen führte die Kombination aus Indometacin und körperlicher Belastung zu Entzündungsreaktionen in Hirn und Muskulatur und damit sogar zu einer schlechteren Leistung.

Zusammenfassung: Schmerzmittel sicher einsetzen

Nach dem Sport, wenn der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt ausgeglichen ist, können NSAR in geeigneter Dosierung (400 mg Ibuprofen oder 50 mg Diclofenac) Schmerzen lindern – allerdings können dadurch Heilungsprozesse behindert werden. Von einer Einnahme vor dem Sport können wir nur abraten, da Nierenschädigungen und Blutungen begünstigt werden können. Von ASS (Aspirin) ist aufgrund der über mehrere Tage anhaltenden, gerinnungshemmenden Wirkung abzuraten.

Quellen

Küster, M., Brune, K. (2010). Schmerzmittel im Breitensport – fataler Einsatz? Schmerztherapie, 26(3), 2-5.

Brune, K., Niederweis, U., Krämieer, B. (2008). Sport und Schmerzmittel: Unheilige Allianz zum Schaden der Niere. Dtsch Arztebl 105(37), A-1894/B-1630/C-1594.

Schmerzmittel im Sport schaden mehr als sie nutzen. (12.03.2019). Abgerufen am 03.08.2019, von ÄrzteZeitung: https://www.aerztezeitung.de/medizin/fachbereiche/sportmedizin/article/982861/analgetika-schmerzmittel-sport-schaden-nutzen.html

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 124 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.