
Besonders im alten Rom und Griechenland betrachtete man Sex als schädlich für die Leistungsfähigkeit. Diese Ansicht vertreten auch heutzutage viele Trainer und empfehlen Enthaltsamkeit vor Wettkämpfen. Ist diese Empfehlung wissenschaftlich begründet?
Auf einen Blick
- Enthaltsamkeit wurde lange als leistungsfördernd betrachtet.
- In Studien konnte bislang keine leistungsmindernde Wirkung von Geschlechtsverkehr in der Nacht vor einem Wettkampf nachgewiesen werden.
- Die entspannende Wirkung von Sex kann helfen mit dem Druck vor einem Wettkampf umzugehen.
Mindert Sex die Leistungsfähigkeit?
Die Studienlage hierzu ist zugegebenermaßen eher dünn. Bereits 1968 gab es hierzu eine erste Studie an 14 Frauen. Analysiert wurde der Effekt von Geschlechtsverkehr in der vorhergehenden Nacht auf die Kraft, sowie die muskuläre und aerobe Ausdauer. Insgesamt konnte kein Einfluss festgestellt werden. In einer weiteren Studie fand man keine negativen Auswirkungen auf die Leistung auf dem Fahrradergometer. Lediglich die Herzfrequenz nach der Belastung war höher, wenn die Probanden in den zwei Stunden vor der Belastung noch Sex hatten. Auch andere Studien, unter anderem an Marathonläufern, fanden keine negativen Effekte.
Eigentlich ist das auch nicht sehr überraschend, da man beim Geschlechtsverkehr nur etwa 25-50 kcal verbrennt. Das entspricht in etwa, in einem Haus in das zweite Obergeschoss zu laufen. Der Energieverbrauch ist also eher nicht leistungslimitierend.
Auswirkungen auf den Testosteronspiegel
In einer Studie von Hengevoss und Kollegen zeigten sich keine Auswirkungen auf den Testosteronspiegel. Auch die Leistungsfähigkeit war nicht verändert. Eine weitere Studie fand hingegen einen Anstieg des Testosteronspiegels nach dem Geschlechtsverkehr. Das steht im Gegensatz zu der Idee, dass Sex dem Körper Testosteron „entzieht“.
Wie sind die psychologischen Auswirkungen von Sex?
Hier gibt es auch viele verschiedene Ansichten. Die einen sagen, dass die Frustration durch sexuelle Enthaltsamkeit zu einer besseren sportlichen Leistung motivieren kann. Andere betonen die entspannende Wirkung von Geschlechtsverkehr. Der kann dabei helfen, mit dem Druck vor dem Wettkampf umzugehen. Studien gibt es hier keine. Am ehesten ist eine individuelle Entscheidung am sinnvollsten. Demjenigen, der sehr aufgeregt ist, kann es helfen. Derjenige, der schon entspannt ist, gönnt sich vielleicht lieber eine Mütze voll Schlaf.
Zusammenfassung
Auch viele Trainer und Sportler sind mittlerweile der Ansicht, dass Sex wenig oder keinen Einfluss auf die Leistung am Folgetag hat. Das entspricht auch dem wissenschaftlichen Stand. Die durch Geschlechtsverkehr herbeigeführte Entspannung kann sogar zuträglich sein. Vielleicht sind auch dies die Gründe, die dazu führten, dass bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang 110.000 Kondome kostenlos ausgegeben wurden. Darüber hinaus spendierte Tinder allen im Olympischen Dorf Tinder Gold.
Solange Sex in der Nacht vor dem Wettkampf nicht zu Schlafmangel führt und nicht mit dem Missbrauch von Alkohol, Nikotin oder anderen Drogen verbunden ist, ist nicht von einer Leistungsminderung auszugehen. Es gibt aber nur wenige Studien und so ist noch weitere Forschung für abschließende Empfehlungen notwendig.
Quellen
Anderson, P. B., Wei, P., & Shyu, I. (2001). The relationship between sexual activity (and four other health behaviors) and marathon performance among non-elite runners. Electronic Journal of Human Sexuality, 4, 4.
McGlone, S., & Shrier, I. (2000). Does sex the night before competition decrease performance?. Clinical Journal of Sports Medicine, 10, 233-234.
Stefani, L., Galanti, G., Padulo, J., Bragazzi, N. L., & Maffulli, N. (2016). Sexual activity before sports competition: a systematic review. Frontiers in physiology, 7, 246.