Wie läuft die Wundheilung ab?

Wie läuft die Wundheilung ab?

Wahrscheinlich hatte jeder schon einmal eine Wunde. Und in der Regel läuft die Wundheilung auch schnell und gut ab. Dabei macht man sich gar keine Gedanken darüber, welche komplexen Prozesse am Ort der Verletzung ablaufen. Nachdem wir uns schon ausführlicher mit der Knochenheilung auseinandergesetzt haben, erklären wir hier, was im Körper passieren muss, damit eine Wunde wieder verheilt.

Auf einen Blick

  • Die Wundheilung wird in drei Phasen eingeteilt: exsudative, proliferative und regenerative Phase.
  • Man unterscheidet weiterhin die primäre von der sekundären und regenerativen Wundheilung.
  • Die Wunde wird im Rahmen der Blutstillung zunächst mit einem Blutgerinnsel gefüllt, der gleichzeitig als Matrix für die weiteren Heilungsprozesse dient. Dieser wird zunächst durch Fibrin, später durch Bindegewebe stabilisiert.
  • In der Wunde bildet sich gut durchblutetes Granulationsgewebe, welches von den Keratinozyten mit Epithel überdeckt wird.
  • Nach 7-12 Tagen besteht in der Regel eine ausreichend feste Narbe.

Phasen der Wundheilung

Man kann zwischen einer katabolen Phase, in der der Körper abgestorbene Gewebeteile aus der Wunde entfernt, und einer anabolen Phase, in der die Repaturprozesse stattfinden, unterscheiden. Grundsätzlich teilt man die Wundheilung aber in 3 Phasen ein:

  1. Exsudative Phase
  2. Proliferative Phase
  3. Regenerative Phase

In der exsudativen Phase überwiegen die katabolen Prozesse. In der profilerativen Phase findet der Übergang von der katabolen in die anabole Phase statt, welche in der regenerativen Phase überwiegt. Grundsätzlich kann man diese Phasen aber nicht scharf trennen. Sie laufen zu einem großen Teil parallel ab.

Die exsudative Phase

Die exsudative Phase dauert bis etwa zum 5. Tag an. Die Gefäßverengung und Aktvierung des Gerinnungssystems sorgen zunächst für die Blutstillung (Hämostase). Durch ausströmende Blutplättchen (Thrombozyten) bildet sich ein Blutgerinnsel (Thrombus). Dabei dient der Thrombus nicht nur der Blutstillung, sondern auch als Matrix für den Aufbau neuen Gewebes. Er wird zunächst durch Fibrin stabilisiert. Gleichzeitig werden aus den Blutplättchen Wachstumsfaktoren freigesetzt.

Zudem sind die Gefäßwände in dieser Phase durchlässiger, was zu einer Flüssigkeitsansammlung im Gewebe (Ödem) und den typischen Entzündungszeichen wie Schwellung und Rötung führt. Das Ödem verursacht ein Aufquellen der Bindegewebsfasern und verstärkt den ohnehin schon vorliegenden Sauerstoffmangel (Hypoxie) und die Übersäuerung (Azidose) in der Wunde. Diese Faktoren stimulieren die Ausschüttung weiterer Wachstumsfaktoren.

Durch die durchlässigen Gefäßwände wandern insbesondere Monozyten und neutrophile Granulozyten in die Wunde ein. Die neutrophilen Granulozyten machen Bakterien unschädlich und nehmen diese zusammen mit abgestorbenem Gewebe auf. Sie gelangen dann entweder an die Oberfläche oder werden nach Ende ihrer Tätigkeit von Makrophagen aufgenommen. Diese differenzieren sich aus den eingewanderten Monozyten. Die Funktion der Makrophagen geht aber noch weit darüber hinaus. Neben der Phagozytose locken sie durch die Ausschüttung von Botenstoffen Entzündungszellen an und regulieren das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau von Bindegewebe.

Proliferative Phase

Die proliferative Phase dauert etwa vom 2.-10. Tag an. Hier wird die provisorische Matrix von den Bindegewebszellen (Fibroblasten) durch Kollagen (Bindegewebe) sowie einsprossende Gefäße ersetzt. Dieses noch provisorische extrazelluläre Matrix enthält viele Wachstumsfaktoren, die als Signalgeber für die Fibroblasten fungieren. Von den Wundrändern her breiten sich Keratinozyten aus, die so für eine Reepitheliarisierung sorgen. Keratinozyten wachsen so lange bis sie allseits Kontakt mit anderen Keratinozyten haben. Da sich die Melanozyten nicht regenerieren, ist die Narbe hell. Zudem fehlen Haare sowie Schweiß- und Talgdrüsen.

Durch die vorhandenen Wachstumsfaktoren und das Wundmilieu wachsen Gefäße in die Wunde ein, die die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung sicherstellen. Das Enge Gefäßnetz sorgt für das charakteristische Aussehen des Granulationsgewebes.

Reparative Phase

Die reparative Phase beginnt ab dem 3. Tag und kann mehrere Wochen andauern. Das Typ 3 Kollagen ersetzt der Körper durch Typ 1 Kollagen, wodurch die Festigkeit der Wunde steigt. Zum Ende dieser Phase bilden sich nicht mehr benötigte Blutgefäße zurück, wodurch die Narbe abblasst.

Ein weiterer interessanter Prozess ist die Wundkontraktion. Myofibroblasten können das neu gebildete Bindegewebe zusammenziehen und beschleunigen durch die Verkleinerung der Wunde die Wundheilung.

Formen der Wundheilung

Man unterscheidet zwischen primärer, sekundärer und regenerativer Wundheilung.

  • Bei der primären Wundheilung entsteht eine ausreichend feste Narbe in der Regel nach 7-12 Tagen. Diese Art der Wundheilung tritt zum Beispiel an einer Naht nach einer Operation auf.
  • Bei der sekundären Wundheilung bleibt ein Hautdefekt, der mit Granulationsgewebe aufgefüllt wird. Diese wird dann narbig umgebaut. Beispiele hierfür sind chronische Wunden und größere Wunden, bei denen die Wundränder nicht aneinander liegen.
  • Die regenerative Wundheilung erfolgt bei Schürfwunden. Hier sind die Basalzellen der Haut noch intakt. Daher heilen diese Wunden narbenfrei ab.

Zusammenfassung

Bei der Wundheilung unterscheidet man drei verschiedene Phasen: die exsudative, proliferative und regenerative Phase. Die Wunde wird im Rahmen der Blutstillung zunächst mit einem Blutgerinnsel gefüllt, der gleichzeitig als Grundgerüst für die weiteren Heilungsprozesse dient. Das Blutgerinnsel wird zunächst durch Fibrin, später durch Bindegewebe stabilisiert. Über etwa 7-12 Tage sprießen Blutgefäße in den Wundbereich ein und es entsteht eine belastbar Narbe. Bei der sekundären Wundheilung dauert dieser Prozesse aufgrund des größeren Defektes allerdings länger.

Quellen

Seebauer, C., Lucas, C., Kindler, S., & Metelmann, H. R. (2018). Wundmanagement–Biologie und Störung der Wundheilung. Der MKG-Chirurg, 11(4), 277-287.

Jonathan Häußer
Über Jonathan Häußer 125 Artikel
Jonathan Häußer ist Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler (B.A. Bewegungswissenschaft) mit einem besonderen Interesse für die Sport- und Notfallmedizin.