
Schon vor hunderten oder gar tausenden von Jahren hatte Honig einen Platz in der Medizin – und wurde dann wieder von anderen Medikamenten wie z.B. Antibiotika verdrängt. Dabei sind seine antibakteriellen und heilungsfördernden Effekte gut belegt. Neuere Studien zeigen die Wirksamkeit des Honigs in der Wundheilung und beschreiben die Wirkmechanismen.
Auf einen Blick
- Honig sorgt für einen gute Wundumgebung, wirkt antibakteriell und antiinflammatorisch sowie debridierend. Durch die immunstimulatorische Wirkung kann Honig auch die Heilung chronischer Wunden anstoßen.
- Die antibakterielle Wirkung von Honig ist auf den ph-Wert, Zuckergehalt und andere bioaktive Inhaltsstoffe zurückzuführen.
- Manukahonig enthält Methylglyoxal, welches auch für die bessere Wirkung des Manukahonigs gegenüber anderen Honigsorten verantwortlich ist.
- Insgesamt unterstützt die verfügbare Evidenz den Einsatz von Honig und vor allem von Manukahonig in der Wundbehandlung.
Honig wird seit tausenden von Jahren in der Medizin genutzt, aber erst in den letzten Jahrzehnten konnte dessen medizinische Wirkungen auch mehr und mehr durch Studien belegt werden. Auch die Wirkmechanismen sind erst seit einiger Zeit bekannt. Die Anwendungsbereiche sind aber vielfältig. Honig wird unter anderem bei der Wundbehandlung eingesetzt und fördert die Wundheilung. Das hat mehrere Gründe. Der erste ist die antibakterielle Wirkung. Darüber hinaus stimuliert er aber auch das Immunsystem und wirkt antientzündlich. Nicht zuletzt hat Honig auch eine debridierende Wirkung. Das bedeutet er reinigt die Wunde und entfernt Beläge, die die Wundheilung stören.
Honig wirkt antibakteriell
Fangen wir mit Studien an, die die Wirksamkeit von Honig in der Wundbehandlung und insbesondere seine antibakteriellen Eigenschaften untersucht haben. Bei Patienten mit Rückenmarksverletzungen treten häufiger Druckulcera auf. Das sind chronische Wunden, die durch längeren Druck auf die Haut und die damit eingeschränkte Durchblutung entstehen. Bei einer Rückenmarksverletzung mit Querschnittslähmung wird dieser schädigende Druck häufig nicht wahrgenommen. Zudem sind diese chronischen Wunden in der Regel mit Bakterien besiedelt. Diese bakterielle Besiedelung behindert die Wundheilung. In einer Studie waren aber bereits nach einer einwöchigen Behandlung mit Honig keine Bakterien in der Wunde mehr nachweisbar. Nach 4 Wochen waren diese Ulcera bei 18 von 20 Patienten komplett verheilt.
In einer weiteren Studie waren bei 40 Patienten mit Beinulcera, die nicht auf eine Kompressionstherapie über 12 Wochen ansprachen, Schmerz, Größe und Geruch der Wunde nach der Behandlung mit Honig reduziert. Eine andere Studie mit 8 Patienten mit venösen Beinulcera zeigte einen beschleunigten Wundverschluss bei der Behandlung mit Manukahonig. Und in noch einer Studie an 11 Patienten mit nicht heilenden venösen Ulcera konnte innerhalb von 3-6 Wochen ein vollständiger Wundverschluss erreicht werden.
Dabei ist wenig entscheiden, welche Erreger in der Wunde zu finden sind. Denn medizinische Honige haben eine antibakterielle Aktivität gegen zahlreiche Bakterien wie z.B. Staphylococcus aureus, koagulase-negative Staphylokokken, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, E. coli, Klebsiella oxytoca. Allerdings kann sich diese antibakterielle Aktivität je nach Honigsorte um das Hundertfache unterscheiden. Dabei sind auch multiresistente Krankenhauskeime wie MRSA und VRE sensibel. Auch bei multiresistenten Acinetobacter baumannii, VRE und ESBL konnte die Wirksamkeit nachgewiesen werden. Zudem wurde bisher keine Resistenzentwicklung der Bakterien gegen Honig beobachtet.
Wie kommt die antibakterielle Wirkung des Honigs zustande?
Die antibakterielle Wirkung des Honigs lässt sich auf verschiedene Eigenschaft zurückführen.
1. Honig hat einen sauren pH-Wert
Der pH-Wert des Honigs liegt bei 3,2-4,5. Das führt zu der vermehrten Freisetzung von Sauerstoff vom Hämoglobin (dem roten Blutfarbstoff), wodurch die Heilung der Wunde stimuliert wird. Außerdem werden durch den pH-Wert Proteasen (Enzyme) gehemmt, die sonst wieder die Matrix abbauen, die für die Wundheilung notwendig ist.
2. Honig hat einen hohen Zuckergehalt
Durch den hohen Zuckergehalt hat Honig auch eine hohe Osmolarität. Dadurch wird der Wunde Flüssigkeit entzogen. Das führt bei intakter Durchblutung nicht zum Austrocknen der Wunde, sondern zu einem vermehrten Lymphabfluss. Das Prinzip ist mit einer Vakuumbehandlung der Wunde vergleichbar. Darüber hinaus entzieht der Zucker auch den Bakterien das Wasser, was deren Wachstum hemmt. Allerdings hält die Wirkung des Zuckers nur für eine begrenzte Zeit von etwa 4 Stunden an, weil dessen Konzentration durch die Verdünnung mit Wundsekreten sinkt. Die antibakterielle Wirkung des Honigs geht jedoch über diesen Zeitraum und über die alleinige Wirkung des Zuckers hinaus. Das lässt darauf schließen, dass es noch weitere Mechanismen geben muss, die für die antibakterielle Wirkung verantwortlich sind. Diese weiteren Mechanismen fasst man als Bioaktivität zusammen.
3. Honig enthält weitere antibakterielle Stoffe
Die antibakterielle Wirkung verschwindet bei der Erhitzung des Honig auf über 56° für 30 Minuten und kann somit nicht nur am Zuckergehalt und dem pH-Wert liegen. Insgesamt sind über 200 weitere Inhaltsstoffe für die antibakterielle Aktivität verantwortlich.
Eine dieser Substanzen ist Wasserstoffperoxid. Diese wird auch sonst in der Medizin als Desinfektionsmittel eingesetzt. Wasserstoffperoxid (H2O2) wird durch die Glukoseoxidase gebildet, welche Bienen dem Honig zusetzen. Durch den geringen Wassergehalt ist es im Honig nicht aktiv, wird aber aktiviert, sobald Honig mit Wasser verdünnt wird. Die im Serum vorhandene Katalase baut es allerdings auch wieder ab. Seine Wirkung ist also nicht von Dauer.
Die Honigsorte, die von Wissenschaftlern bisher die größte Aufmerksamkeit erhielt, ist Manukahonig. Er wird aus dem Blütennektar der Südseemyrte gewonnen, welche vor allem in Neuseeland und Australien vorkommt. Manukahonig enthält im Gegensatz zu anderen Honigsorten Methylglyoxal. Dieser Stoff ist eigentlich zytotoxisch, also ein Zellgift. In Kombination mit den restlichen Inhaltsstoffen des Honigs zeigt es jedoch keine Zytotoxizität. Sonst wäre auch eher eine verzögerte Wundheilung zu erwarten. Klinischen Daten zeigen aber eine beschleunigte Wundheilung. Dabei ist der Honig auch aktiv gegen Biofilmbildner und kann die Biofilmmasse reduzieren. Der Biofilm ist ein dünner Schleimfilm, den manche Bakterien bilden. Viele Antibiotika können Bakterien in so einem Biofilm nur schlecht erreichen. Damit ist er für den begrenzten Nutzen topischer (lokal angewandter) und systemischer Antibiotika bei chronischen Wunden verantwortlich.
Honig stimuliert das Immunsystem
Die schnellere Wundheilung ist aber nicht nur auf die antibakterielle Wirkung zurückzuführen. Auch bei der Behandlung keimfreier Wunden ist eine schnellere Wundheilung zu beobachten. Hierfür wird eine immunstimulatorische Wirkung verantwortlich gemacht. Das bedeutet, dass der Honig mit seinen Inhaltsstoffen das Immunsystem anregt.
Dafür kommen verschiedene mögliche Mechanismen in Betracht und hier wird es etwas biochemisch:
- Erhöhung der Ausschüttung von TNF-α (einem entzündungsförderndem Botenstoff) durch die Stimulation von Leukozyten (weißen Blutkörperchen)
- Modulation der Entzündungsreaktion: wenn bereits eine ausreichende Entzündungsreaktion vorhanden ist, wirkt Honig einer weiteren Erhöhung der Konzentration von TNF-α entgegen
- Anti-entzündliche Wirkung durch die geringere Konzentration freier Radikaler
- Monozyten setzen vermehrt TNF-α, Interleukin 1 beta und Interleukin 6 frei, welche die Gewebeheilung stimulieren. Dies stimuliert auch die Epithelialisierung, also das Zuwachsen der Haut.
- Das Gen für die Matrix-Metallo-Peptidase 9 (MMP-9) wird hochreguliert. Dieses löst Keratinozyten von der Basalmembran ab, sodass sie epithelialisieren – also an die Hautoberfläche der Haut wandern – können
- Stimulation der Angiogenese (Gefäßneubildung)
Die immunstimulatorische Aktivität wurde vor allem dem Major royal jelly protein-1 (MRJP-1), Arabinogalactan, Endotoxinkomtamination und einem unbekannten Molekül mit einem Molekulargewicht von 5,8 kDa zugeschrieben. Letzteres scheint hierbei den größten Anteil zu tragen und übt seine Aktivität über eine Stimulation des toll-like-receptor 4 an Leukozyten aus.
Honig wirkt anti-entzündlich
Die anti-entzündliche Wirkung des Honigs scheint schon lange bekannt zu sein. Bereits im antiken Griechenland behandelte man mit Honig Sonnenbrand, Mandelentzündungen und Entzündung des Rachens. Heutzutage werden bei der Wundbehandlung eine reduzierte Exsudation (Austritt von Blutbestandteilen) und ein geringeres Ödem (Flüssigkeitsansammlung im Gewebe) beobachtet. In Studien mit Brandwunden war Honig der Therapie mit Silbersulfadiazin überlegen. Diese anti-entzündliche Wirkung ist auch in Abwesenheit von Bakterien festzustellen und daher als direkt und nicht über die Hemmung des Bakterienwachstum zu beurteilen.
Weitere Anwendungsgebiete für die anti-entzündliche Wirkung sind die Schleimhautentzündung durch Strahlentherapie sowie Zahnfleischentzündungen. Auch Dyspepsie kann mit Honig behandelt werden. Zudem reduziert Honig den Schmerz nach Tonsillektomie und bei Ulcera (chronischen Geschwüren).
Und auch hier wollen wir noch etwas auf die Biochemie dahinter eingehen. Diese anti-entzündliche Wirkung wird den phenolischen Komponenten zugeschrieben, noch mehr aber dem Apalbumin-1. Dieses verhindert die Phagozytose durch Makrophagen, was der erste Schritt bei einer entzündlichen Antwort ist. Darüber hinaus wurde herausgefunden, dass Methylglyoxal mit Apalbumin-1 reagiert und dieses glykiert. Durch das glykierte Apalbumin-1 kommt es zu einer stärkeren Hemmung der Phagozytose.
Honig reinigt die Wunde und wirkt debridierend
Zu guter Letzt hat Honig eine debridierende Wirkung und verhindert die Bildung von Schorf. Auch bei einer nekrotisierenden Fasziitis im Genitalbereich kann die Behandlung mit Honig eine Alternative zur Operation sein. Zudem ist er hinsichtlich der debridierenden Wirkung vielen anderen Wundauflagen überlegen. Zwar ist das Debridement langsamer als mit einer Larventherapie oder Curettage, aber schneller als Hydrogels, enzymatische Wirkstoffe, Hydrokolloide, Paraffingazen oder jodhaltige Salben.
Eine mögliche Erklärung für die debridierende Wirkung ist die erhöhte Plasminaktivität durch Honig. Plasmin baut Fibrin ab. Dies geschieht vor allem durch eine Hemmung des Plasminogen Aktivator Inhibitors (PAI).
Welcher Honig ist empfehlenswert?
Für die Anwendung auf Wunden sollte nicht irgendein Honig zum Einsatz kommen. Herkömmlicher Honig enthält zwar aufgrund der antibakteriellen Wirkung keine Bakterien, allerdings können Bakterien-Sporen dort überleben. Diese können schwere Infektionen wie z.B. Wundstarkrampf oder Gasbrand verursachen. Daher sollte auf Wunden nur medizinischer Honig zum Einsatz kommen. Dieser ist durch Bestrahlung sterilisiert und enthält damit keine Bakterien oder Sporen mehr.
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Zusammenfassung
Honig vereint die Vorteile vieler verschiedener Produkte und sorgt für eine gute Wundumgebung. Er wirkt antibakteriell und antiinflammatorisch sowie debridierend. Durch die immunstimulatorische Wirkung kann Honig auch die Heilung chronischer Wunden anstoßen. Honig sollte für die medizinische Anwendung sterilisiert werden. Dies sollte durch Gammastrahlung erfolgen, da eine Sterilisation durch Hitze auch die antibakterielle Aktivität zerstört.
Manukahonig zeigte in den Studien die beste Wirkung, da dieser zusätzlich Methylglyoxal enthält. Andere Honigsorten wirken durch den hohen Zuckergehalt, was jedoch durch Verdünnung abgeschwächt wird. Auch das enthaltende Wasserstoffperoxid ist für die Wirkung mitverantwortlich, wird aber durch Katalase abgebaut. Bei der Anwendung von Honig an Wunden können Schmerzen durch den geringen pH-Wert auftreten. Durch eine langsamere Freisetzung aus z.B. Gels kann dieser Schmerz aber abgeschwächt werden.
Insgesamt gibt es eine gute Evidenz für die Anwendung von Honig, jedoch wird die geringe Anzahl randomisierter kontrollierter Studien teilweise kritisiert. Die Studienlage ist jedoch nicht schlechter als für andere Wundauflagen und es liegen immerhin 35 randomisierte kontrollierte Studien für die Anwendung von Honig an verschiedenen Wunden vor. Insgesamt lässt sich sagen, dass die verfügbare Evidenz den Einsatz von Honig und vor allem von Manukahonig in der Wundbehandlung unterstützt.
Quellen
Maddocks, S. E., & Jenkins, R. E. (2013). Honey: a sweet solution to the growing problem of antimicrobial resistance?. Future microbiology, 8(11), 1419-1429.
Molan, P. C., & Rhodes, T. (2015). Honey: A biologic wound dressing. Wounds, 27(6), 141–151.