
Eine Tendinopathie der Achillessehne geht mit zunehmenden Schmerzen im Bereich der Achillessehne und einer reduzierten Funktion einher – daher kommt auch der Begriff Achillodynie. Dabei können die Schmerzen nur bei Belastung aber auch im Alltag und in Ruhe auftreten. Bei der Behandlung muss man nach der Lokalisation der Beschwerden unterscheiden. Es gibt zahlreiche konservative Therapiemöglichkeiten, eine Operation ist nur selten notwendig.
Auf einen Blick
- Bei einer Tendinopathie der Achillessehne treten Schmerzen an der Achillessehne auf. Daher kommt auch der Begriff Achillodynie. Meist ist eine Überlastung die Ursache, es gibt aber viele Einflussfaktoren.
- In erster Linie kommt eine konservative Behandlung zum Einsatz. Dazu gehören neben dem Kühlen oder Schienen auch Infiltrationen mit verschiedenen Medikamenten.
- Die wichtigste Säule bei der Behandlung der Achillessehnentendinopathie ist das Training. Hier haben sich das exzentrische Training und das Heavy Slow Resistance Training als wirksam erwiesen.
- Operationen sind nur notwendig, wenn eine konservative Therapie auch über sechs Monate keine Erfolge zeigt.
Je nach Lokalisation unterscheidet man eine Ansatztendinopathie von einer sogenannten Mid-Portion-Tendinopathie. Letztere geht mit Schmerzen ab etwa 2 cm proximal des Ansatzes einher. Liegen Schmerzen im Bereich des Ansatzes vor spricht man von einer Ansatztendinopathie. Diese kann mit knöchernen Ausziehungen am Calcaneus einhergehen.
Risikofaktoren und Epidemiologie
Mögliche Risikofaktoren sind Veränderungen der Beweglichkeit im OSG sowie eine starke Pro- und Supination im Sprunggelenk. Häufig treten Tendinopathien der Achillessehne bei Läufern, in Rückschlagsportarten wie Tennis oder Badminton, in der Leichtathletik, beim Volleyball und beim Fußball auf (Aicale et al., 2020). Insgesamt machen sie 6-17% aller Verletzungen bei Läufern aus. In Sportarten, die Laufen und Springen beinhalten, treten diese Tendinopathien jedes Jahr bei etwa 9% der Sportler auf und insgesamt sind 52% im Verlauf ihres Lebens betroffen (Aicale et al., 2020).
Histologie der Tendinopathie der Achillessehne
Wenn man sich die erkrankte Sehne unter dem Mikroskop ansieht, findet man wie z.B. auch beim Patellaspitzensyndrom keine Entzündung. Es finden sich eine schlechtere Organisation der Kollagenfasern, eine vermehrte Gefäßbildung sowie eine schlechte Heilungstendenz. Diese Regionen mit veränderter Struktur sind im MRT sichtbar und können auch können im Ultraschall echoarm dargestellt werden (Aicale et al., 2020).
Pathogenese
Doch wie kommt es zu diesen Veränderungen an der Sehne. An der Entstehung ist eine Kombination aus intrinsischen und extrinsischen Faktoren beteiligt (Aicale et al., 2020).
- Extrinsische Faktoren
- Veränderungen des Trainings
- Schlechte Technik
- Vorhergehende Verletzungen
- Schuhe
- Umweltfaktoren (Training auf hartem, rutschigem oder schrägem Untergrund)
- Intrinsische Faktoren
- Dysfunktion des Gastrocnemius/Soleus
- Alter
- Körpergewicht und -größe
- Hohlfuß
- Vorfußvarus
- Laterale Instabilität des OSG
- Andere Faktoren
- Medikamente (Fluorchinolone wie Ciprofloxacin; Corticosteroide)
- Diabetes
- Genetische Prädisposition
Eine häufige Ursache ist die Überlastung der Sehne. Allerdings treten Sehnenprobleme auch bei Inaktiven auf (Aicale et al., 2020).
Klinik
Meistens gehen Tendinopathien der Achillessehne mit Schwellung und Schmerzen an der Achillessehne einher. Die Schmerzen treten meistens zu Beginn und kurz nach Ende der Belastung der Sehne auf. Bei Fortschreiten der Erkrankung sind Schmerzen aber auch während der gesamten Belastung und auch im Alltag möglich (Aicale et al., 2020). Am häufigste treten die Schmerzen 2-6 cm vom Ansatz entfernt auf. Bei der Ansatztendinopathie sind die Schmerzen eher im Ansatzbereich zu finden.
In der körperlichen Untersuchung zeigt sich typischerweise ein Druckschmerz an der Sehne. Wie weiter oben bereits beschrieben, kann die Diagnostik um eine Ultraschall- und MRT-Untersuchung ergänzt werden. Röntgenbilder werden nur benötigt, um knöcherne Begleiterscheinungen besser darzustellen oder auszuschließen.
Therapie bei der Tendinopathie der Achillessehne
Wie andere Tendinopathien ist auch die Achillessehnentendinopathie eine Domäne der konservativen Therapie, allerdings fehlt bei vielen der umfangreichen Therapieoptionen die wissenschaftliche Evidenz dahinter (Aicale et al., 2020).
In der Akutphase kann Kryotherapie, also Kühlen, helfen. Jedoch zeigte sich in Studien kein Zusatznutzen mehr, wenn die Kryotherapie zusätzlich zu Übungen zum Einsatz kam (Aicale et al., 2020). Schmerzmittel sollten nur bei Schmerzen zum Einsatz kommen, da NSAR wie Ibuprofen und Diclofenac zumindest nicht zu einer besseren Heilung der Sehne führen (Aicale et al., 2020). Im Gegenteil wird eine verzögerte Heilung durch NSAR diskutiert.
Übungen bei Achillessehnentendinopathie
Die wichtigste und wahrscheinlich am besten erforschte Therapiekomponente ist die Trainingstherapie. Sie ist einem schlichten Abwarten überlegen (Aicale et al., 2020). Die am weitesten verbreitete Trainingsform ist das exzentrische Training. Es verbessert die Schmerzen nach 12 Wochen verglichen mit einer Placebobehandlung oder Ruhe. Die Wirksamkeit bei Ansatztendinopathien scheint aber etwas schlechter zu sein.
Weitere Studien haben gezeigt, dass exzentrisches Training nicht nur den Schmerz, sondern auch die Funktion verbessert. Ob es besser ist als konzentrisches Training ist noch nicht abschließend geklärt (Aicale et al., 2020). Manche Autoren befürworten ein rein exzentrisches Training, andere empfehlen auch konzentrisch zu trainieren. Eine Studie stellte eine höhere Patientenzufriedenheit bei exzentrischem statt konzentrischem Training fest. Auch exzentrischem Training mit einer geringeren Intensität und Häufigkeit als ursprünglich von Alfredson vorgeschlagen konnte man eine ebenso gute Wirksamkeit bescheinigen.
Eine weitere Trainingsform ist das Heavy Slow Resistance Training. Dabei arbeitet man mit hohen Widerständen und einer langsamen Übungsausführung. Es ist genauso wirksam wie exzentrisches Training, meistens aber nicht so zeitintensiv. Auch Dehnen scheint eine ähnliche Wirksamkeit zu haben, allerding sind die Studien hierzu von geringer Qualität. Eine Kombination aus konzentrischem und exzentrischem Training mit Dehnen und Power Training war kurzfristig genauso wirksam wie exzentrisches Training, konnte aber langfristig die Schmerzen eher weniger gut reduzieren.
Aktuell kann man keine klare Empfehlung für das eine oder andere Trainingsprogramm aussprechen. Sowohl das exzentrische Training als auch das Heavy Slow Resistance Training sind aber gute Optionen.
Orthesen, Schienen und Einlagen
Teilweise werden auch Orthesen verordnet. Eine Wirksamkeit konnte jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Bei Schienen ist das ähnlich. Eine Trainingstherapie in Kombination mit einer Schiene war nicht effektiver als eine alleinige Trainingstherapie. Isoliert sind sie ähnlich gut wie eine Trainingstherapie, dafür sind sie aber mit höheren Kosten verbunden.
Einlagen mit einer Fersenerhöhung können Schmerzen lindern und die Funktion des Sprunggelenks verbessern. Durch diese Einlagen wird die Dorsalextension im Sprunggelenk verringert und die Belastung der Achillessehne damit reduziert (Aicale et al., 2020).
In einer Studie im British Journal of Sports Medicine (Rabusin et al., 2021) wurden Fersenerhöhungen (12 mm) mit exzentrischem Training (2x/Tag, 7 Tage/Woche) verglichen. Der VISA-A-Score hatte sich nach 12 Wochen in der Gruppe mit Fersenerhöhung um 26,0 Punkte verbessert, in der Gruppe mit exzentrischem Training waren es nur 17,4 Punkte. Damit bestand ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen von 9,6 Punkten. Der kleinste relevante Unterschied (minimum important difference) wurde auf 10 Punkte festgelegt und wurde damit nur knapp verfehlt. Bei den Patienten handelte es sich allerdings nicht um Sportler und das Alter lag im Durchschnitt bei 45,8 Jahren. Zudem wurden die Fersenerhöhungen konsequenter getragen, als das exzentrische Training durchgeführt wurde. Interessant wäre der Vergleich von exzentrischem Training plus Fersenerhöhung mit alleinigem exzentrischen Training.
Infiltrationen der Achillessehne
Bei der Behandlung der Sehne mit Infiltrationen kommen verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. Eine Option kann die Sklerosierung der neu gebildeten Gefäße sein. Allerdings sind die Studienergebnisse für diese Therapie insgesamt noch unschlüssig.
Die Infiltration der Sehne mit Cortison haben wir auch beim Patellaspitzensyndrom schon kritisch diskutiert. Zwar können die Beschwerden gelindert werden, dafür steigt das Risiko für eine Ruptur der Achillessehne.
Auch an der Achillessehne ist eine High volume image guided injection (HVIGI) möglich. Der Wirkmechanismus beruht am ehesten auf lokalen mechanischen Effekten. Durch die großen Flüssigkeitsmengen kann es zu einem Aufbrechen, Dehnen oder zum Verschluss der neu gebildeten Gefäße kommen. Noch ist unklar, ob hier der Einsatz von Kochsalzlösung, Cortison oder Lokalanästhetika die beste Wahl ist.
PRP bei Achillessehnentendinopathien
Beim PRP herrscht die häufig zu beobachtende Diskrepanz zwischen den Studien ohne Kontrollgruppe und den randomisierten, kontrollierten Studien. Während die nicht kontrollierten Studien gute Ergebnisse bei der Behandlung einer Tendinopathie der Achillessehne mit PRP feststellen, spiegelt sich das in den randomisierten, kontrollierten Studien nicht ganz so wider. In zwei Studien war PRP einer Infiltration mit Kochsalzlösung nicht überlegen. Allerdings handelte es sich bei den Probanden in beiden Studien meist um ältere und weniger sportlich aktive Patienten. Eine weitere Studie konnte jedoch zeigen, dass PRP genauso wirksam wie exzentrisches Training ist (Filardo et al., 2018).
Eine relativ neue randomisierte, kontrollierte Studie (Kearney et al., 2021) stellt den Nutzen der PRP-Injektion an der Achillessehne ebenfalls in Frage. Dort wurden 240 Patientin zufällig zwei Gruppen zugeordnet: die eine erhielt eine Injektion mit PRP in die Achillessehne und die andere nur eine subkutane Punktion ohne Applikation von Wirkstoff. Nach 6 Monaten zeigten sich keine Unterschiede beim VISA-A-Score in beiden Gruppen. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Daten die PRP-Anwendung an der Achillessehne nicht stützen.
Patricios et al. (2021) zeigen aber einige Schwächen dieser Studie auf. Es wurde nur eine einzige Injektion durchgeführt, die zudem nicht ultraschallgestützt war. Dadurch ist fraglich, ob die Injektion tatsächlich bei allen Patienten die Achillessehne und vor allem den geschädigten Anteil der Sehne erreicht hat. Des weiteren erfolgte eine lokale Betäubung der Haut mit 5 ml Lidocain. Auch wenn dies nicht in die Sehne injiziert worden sein soll, ist eine Hemmung der Sehnenheilung durch Lokalanästhetika beschrieben. Insgesamt hatten auch 77 Patienten im Studienzeitraum weitere Maßnahmen angewendet und drei Patienten in der PRP-Gruppe erhielten gar nicht die vorgesehene Behandlung. Der Bedarf für weitere Studie bleibt also bestehen.
Stoßwellentherapie und Ultraschalltherapie bei der Tendinopathie der Achillessehne
Für die Ultraschalltherapie gibt es bisher keine überzeugenden Hinweise auf eine Wirksamkeit bei der Achillessehnentendinopathie (Aicale et al., 2020).
Die extrakorporale Stoßwellentherapie hat sich besser behaupten können. Sie ist bei einer Insertionstendinopathie effektiver als exzentrisches Training und bei Mid-Portion-Tendinopathien im kurzen Follow Up genauso effektiv wie exzentrisches Training. Zudem gibt es Hinweise, dass die Kombination aus Stoßwellentherapie und exzentrischem Training dem alleinigen Training überlegen ist (Aicale et al., 2020).
Operationen bei Tendinopathien der Achillessehne
Grundsätzlich sollten Achillessehnentendinopathien erst einmal konservativ behandelt werden. Wenn sich damit auch über einen Zeitraum von 6 Monaten kein Erfolg abzeichnet, kann eine OP in Frage kommen. Das ist je nach Studie bei 24-45,5 % der Patienten der Fall. Bei schon lange bestehenden Tendinopathien ist aber auch mit schlechteren OP-Ergebnissen zu rechnen. Daher gibt es dort eine höhere Rate an Folgeoperationen.
Grundsätzlich wird die Sehne bei einer Operation mehrfach in Längsrichtung eröffnet und das krankhaft veränderte Gewebe entfernt. Wenn ein großer Defekt entsteht, muss dieser mit anderem Sehnenmaterial (z.B. der Sehne des M. fibularis brevis, des M. flexor hallucis longus oder der Semitendinosus-Sehne) verstärkt werden. Bei einer sehr umschriebenen Lokalisation der Veränderungen kann auch auf einen längeren Hautschnitt verzichtet werden. Das erkrankte Gewebe kann dann über mehrere kleine Hautschnitte entfernt werden.
Ein weiteres, minimal-invasives Verfahren zielt auf die Entfernung neuer Gefäße ab. Diese werden von der Vorderseite über kleine Stichinzisionen auf beiden Seiten mit Fäden entfernt. Hier wir eine Erfolgsrate von 85% berichtet. Möglicherweise ist aber auch eine Denervation ausschlaggebend für den Erfolg dieser Behandlung.
Für die offenen OP-Verfahren findet man in der Literatur Erfolgsraten von 78,9% bei einer Komplikationsrate von 10,5%. Die Erfolgsrate minimalinvasiver Operationen ist mit 83,6% ähnlich groß, Komplikationen sind mit 5,3% aber etwas seltener (Aicale et al., 2020).
Zusammenfassung
Die Tendinopathie der Achillessehne hat viele Ursachen, vor allem bei sportlich aktiven Patienten geht der Tendinopathie eine Überlastung der Sehne voran. Die Behandlung erfolgt in erster Linie konservativ mit Kühlung und ggf. Schmerzmitteln. Die wichtigste Komponente stellt aber das Training dar. Hier kommen vor allem exzentrisches Training und Heavy Slow Resistance Training zum Einsatz. Ergänzend können auch Infiltrationen der Sehne mit verschiedenen Medikamenten wie z.B. Kochsalzlösung, Lokalanästhetika oder PRP hilfreich sein. Eine Operation ist nur bei erfolgloser konservativer Therapie indiziert.
Quellen
Aicale, R., Oliviero, A., & Maffulli, N. (2020). Management of Achilles and patellar tendinopathy: what we know, what we can do. Journal of Foot and Ankle Research, 13(1), 1-10.
Beyer, R., Kongsgaard, M., Hougs Kjær, B., Øhlenschlæger, T., Kjær, M., & Magnusson, S. P. (2015). Heavy slow resistance versus eccentric training as treatment for Achilles tendinopathy: a randomized controlled trial. The American journal of sports medicine, 43(7), 1704-1711.
Filardo, G., Di Matteo, B., Kon, E., Merli, G., & Marcacci, M. (2018). Platelet-rich plasma in tendon-related disorders: results and indications. Knee Surgery, Sports Traumatology, Arthroscopy, 26(7), 1984-1999.
Malliaras, P., Barton, C. J., Reeves, N. D., & Langberg, H. (2013). Achilles and patellar tendinopathy loading programmes. Sports medicine, 43(4), 267-286.
Wilson, F., Walshe, M., O’Dwyer, T., Bennett, K., Mockler, D., & Bleakley, C. (2018). Exercise, orthoses and splinting for treating Achilles tendinopathy: a systematic review with meta-analysis. British Journal of Sports Medicine, 52(24), 1564-1574.