
Omega-3-Fettsäuren haben in der letzten Zeit einen regelrechten Hype erlebt. Dabei werden viele verschiedene Wirkungen angepriesen. Doch was ist dran? Wir haben die Studienlage unter die Lupe genommen.
Auf einen Blick
- Die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren über die Ernährung ist oftmals zu gering.
- Eine Supplementierung kann für schnellkräftige Bewegungen förderlich sein.
- Auch Muskelkater kann durch eine adäquate Omega-3-Zufuhr gelindert werden.
- Weitere Studien haben eine mögliche Steigerung des Glukose- und Fettstoffwechsels innerhalb der Muskelzelle gezeigt.
- Omega-3-Fettsäuren können helfen, die Muskelmasse im Verlauf des Lebens aufrechtzuerhalten.
Omega-3-Fettsäuren (Ω-3) sind essentielle, mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Essentiell bedeutet, dass sie zwingend mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Sie finden sich sowohl in marinen als auch in terrestrischen Nahrungsmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs. Sie lassen sich nochmal primär aufgliedern in die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA), die am häufigsten vorkommen.
DHA ist wesentlicher Bestandteil von Strukturfetten in unserer Retina und in unserem Gehirn. EPA und DHA stellen nach aktuellen Erkenntnissen die beiden wichtigsten aktiven Formen der Omega-3-Fettsäuren dar, während ALA zunächst über mehrere Schritte in die aktiven Formen umgewandelt werden muss. Dies geschieht abhängig von Geschlecht und weiteren genetischen Faktoren zu rund 0,5% bei DHA und rund 5% bei EPA (Baker et al., 2016). Es gibt Hinweise darauf, dass eine Anreicherung der Ernährung mit ALA (z.B. durch Leinöl) keinen Effekt auf den DHA-Status hat, sondern nur auf den EPA-Status (Greupner et al., 2018).
In welchen Lebensmitteln sind Omega-3-Fettsäuren enthalten?
ALA findet sich in einigen bekannten pflanzlichen Lebensmitteln wie Leinsamen, Raps, Walnüssen oder Avocados. EPA und DHA sind dagegen fast ausschließlich in Fischfleisch vorzufinden. Eine Ernährung auf rein pflanzlicher Basis schließt damit die langkettigen Ω-3 aus und ist so auf die ineffiziente Umwandlung angewiesen. Zudem ist eine pflanzliche Ernährung in der Regel auch reich an weiteren ungesättigten Fettsäuren – den Omega-6-Fettsäuren. Auch diese sind gesund, können aber die Umwandlungsrate von ALA in EPA und DHA beeinträchtigen. Die Empfehlungen für das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung bewegen sich zwischen 1:1 und 5:1, liegen in der westlichen Ernährung aber bei einem Verhältnis von rund 15:1 (Lupette et al., 2020). In einer kürzlich erschienenen deutschen Studie machten Omega-3-Fettsäuren bei den Teilnehmern nur rund 4% der gesamten Fettaufnahme aus (Rein et al., 2020).

Sportliche Leistungsfähigkeit und Omega-3-Fettsäuren
Die Funktion der beanspruchten Muskelgruppen, ist eine der wichtigsten Grundlagen im Alltag und ganz besonders im Sport. Die Funktion sollte im Sport über einen längeren Zeitraum möglichst optimal sein und sich infolge von Training weiter steigern. Die möglichen positiven Effekte einer Ernährung, die reich an langkettigen Omega-3-Fettsäuren ist, sind vielfältig und unterscheiden sich bezüglich ihrer Wirkung.
Direkte Effekte einer Omega-3-Supplementierung
Verschiede Arbeiten lassen vermuten, dass eine Omega-3-Supplementierung bei kurzzeitigen Belastungen und schnellkräftigen Bewegungen förderlich sein kann. Eine Placebo-kontrollierte Studie an Rugbyspielern (Black et al., 2018) in der Saisonvorbereitung konnte zeigen, dass die Gabe von rund 2 g langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die Aufrechterhaltung der Explosivkraft unterstützen konnte. Dies wurde auch bei jungen Sportlern gezeigt, nachdem sie entweder drei Wochen lang Olivenöl oder Omega-3-reiches Robbenöl eingenommen hatten. Hier steigerte sich die Aktivierung der Beinmuskulatur und auch die Leistung bei einem 30-sekündigen anaeroben Test konnte länger aufrechterhalten werden (Lewis et al., 2015). Eine Verbesserung der Reaktionszeit und Bewegungseffizienz wurde z.B. auch bei Fußballerinnen nach vierwöchiger hoher Supplementierung festgestellt (Shei et al., 2014). Insgesamt zeigen die meisten Studien an Amateursportlern und auch an Athleten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit. Dabei werden tendenziell mit höheren Dosen und bei Amateuren eindeutigere Effekten erreicht (Thilecke & Blannin, 2020).
Bei der Muskelkraft und Hypertrophie gibt es ebenfalls Hinweise auf eine Wirkung. Hierzu zählen ein womöglich gesteigerter Muskelanabolismus, ein reduzierter Muskelschwund und eine erhöhte Kraftentwicklung. Was die Muskelmasse betrifft, konnte bislang nur an älteren Erwachsenen ein signifikanter Effekt infolge achtwöchiger Supplementierung festgestellt werden (Smith et al., 2011; Smith et al., 2015). Die Evidenz deutet bisher eher darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren hier (besonders in der 2. Lebenshälfte) eher zum Erhalt der Muskelmasse und der Muskelfunktion als zur gezielten Steigerung beitragen können (Gammone et al., 2018).
Systemische Auswirkungen einer Omega-3-Supplementierung
Besonders im sportlichen Kontext könnte die Beobachtung relevant sein, dass Omega-3-Fettsäuren die Verfügbarkeit von Nährstoffen durch eine Erhöhung der Zelldurchlässigkeit bewirken können. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich die Anzahl der Glukosetransporter in der Zellmembran infolge einer Supplementierung erhöhen kann. Infolgedessen erhöhte sich auch die maximale Glukoseaufnahme der Muskelzellen (Gammone et al., 2018). Zusätzlich kann die oxidative und damit auch die gesamte Stoffwechselrate gesteigert werden. Beides könnte eine erhöhte Leistungsfähigkeit und auch einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand zur Folge haben (Hessvik et al., 2010). Hier wurde bereits gezeigt, dass sich die maximale Sauerstoffaufnahme als Marker für die Ausdauerleistungsfähigkeit infolge einer Supplementierung erhöhen kann (Vaughan et al., 2012).
Auch bzgl. der kurzfristigen Regeneration des Herzschlags konnte bereits bei einer Dosis von 700 mg Omega-3-Fettsäuren ein signifikanter Effekt bei gesunden Radsportlern beobachtet werden (Macartney et al., 2014). Ergänzend zu den zuvor beschriebenen Effekten auf die Herzgesundheit, könnte eine DHA/EPA-Supplementierung zur Prävention eines plötzlichen Herztodes oder auch zur verbesserten Blutzirkulation während einer Belastung beitragen (Gammone et al., 2018).
Können Omega-3-Fettsäuren einen Einfluss auf die Regeneration nehmen?
Die Regeneration stellt nicht nur im Leistungs- sondern auch im Breitensport eine wichtige Zielvariable dar. In diesem Kontext könnte eine Supplementierung von langkettigen Omega-3-Fettsäuren dafür sorgen, dass die durch Training hervorgerufene Entzündungsreaktion in den beteiligten Muskelgruppen reduziert wird (Ramos-Campo et al., 2020). Dies zeigt sich auch daran, dass man bereits mehrfach einen schwächer ausgeprägten Muskelkater nach Supplementierung festgestellt hat (Black et al., 2018). Zwar könnte dies einerseits langfristig auch die Anpassung an das Training reduzieren, doch ermöglichst das auf der anderen Seite auch potenziell eine beschleunigte Erholung.
Gleiches gilt auch für die Reduktion von oxidativem Stress, der mit Training einhergeht. Er limitiert zudem die Leistungsfähigkeit, kann aber auch wichtiger Bestandteil der Adaptation sein (Martorell et al., 2015). Eine Supplementierung in gewöhnlicher Dosierung wird hier vermutlich eher Vorteile mit sich bringen. In diesem Zusammenhang können Omega-3-Fettsäuren auch bei belastungsasthmatischen Beschwerden helfen. Diese treten vor allem bei hohen Intensitäten oder reizenden klimatischen Bedingungen auf (Thilecke & Blannin, 2020).

Auswirkungen auf die Zellfunktion
Eine weitere spannende Tatsache ist, dass die Art und die Zusammensetzung unserer Nahrungsfette einen Einfluss auf unsere Zellfunktion nehmen kann. Omega-3-Fettsäuren können dazu beitragen, die Zelldurchlässigkeit zu steigern, sodass mehr Sauerstoff in die Muskelzellen gelangen kann. Außerdem kann scheinbar die Anzahl der Glukosetransporter steigen, sodass auch eine bessere Verfügbarkeit von Energiesubstraten möglich ist. Ferner scheint sich die Glukose- und Fettverbrennung durch eine angemessene Omega-3-Fettsäureaufnahme steigern zu lassen (Hessvik et al., 2010). All diese Faktoren tragen theoretisch dazu bei, die Leistungsfähigkeit zu steigern.
Immunfunktion und entzündliche Gelenkerkrankungen
Eine Omega 3 Supplementierung könnte sich außerdem günstig auf die infolge des Trainingsstress reduzierte Immunfunktion auswirken (Gray et al., 2012) Die Studienlage ist hier allerdings noch sehr unübersichtlich (Nieman et al., 2017). Eindeutiger ist hingegeben, dass Omega-3-Fettsäuren einen Effekt auf das Immunsystem haben und in der Wechselwirkung mit trainingsinduziertem, oxidativen Stress die Erholungszeit verkürzen können.
In fast allen Teilen der Bevölkerung und auch bei Sportlern sind entzündliche Gelenkserkrankung ein Thema. Diese kann die Lebensqualität und auch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Auch hier gibt es vielversprechende Hinweise auf eine Linderung der Schmerzen und eine Verbesserung der Gelenkfunktion durch die Einnahme von langkettigen Omega-3-Fettsäuren (Gammone et al., 2020).
Zusammenfassung
Die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA stellen einen potentiell leistungssteigernden Nährstoff dar, den es weiter zu untersuchen gilt. Breitensportler scheinen dabei noch mehr als Leistungssportler von einer Supplementation zu profitieren. Effekte sind dabei am ehesten festzustellen, wenn die Präparate mindestens 6 Wochen lang mit mindestens 1,5 g täglich eingenommen werden. Weiterhin sind die Basisernährung, die Art der sportlichen Aktivität und das Alter wichtige Faktoren zur Beurteilung der potentiellen Effektivität dar.
Quellen
Black, Katherine Elizabeth; Witard, Oliver C.; Baker, Dane; Healey, Philip; Lewis, Victoria; Tavares, Francisco et al. (2018): Adding omega-3 fatty acids to a protein-based supplement during pre-season training results in reduced muscle soreness and the better maintenance of explosive power in professional Rugby Union players. In: European journal of sport science 18 (10), S. 1357–1367. DOI: 10.1080/17461391.2018.1491626.
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