Verletzungen beim Wellenreiten

Verletzungen und Verletzungsprävention beim Wellenreiten

Wellenreiten ist ein wachsender Sport. Im deutschsprachigen Raum gibt es ca. 40 000 aktive Surferinnen und Surfer. Eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2020 (McArthur et al., 2020) hat die bestehende wissenschaftliche Literatur zu Verletzungen beim Wellenreiten zusammengefasst.

Auf einen Blick

  • Die häufigsten Surfverletzungen sind Hautverletzungen (46%), Weichteilverletzungen (22,6%), Knochenverletzungen (9,6%) und Gelenkverletzungen (6,9%).
  • Die häufigsten Verletzungsmechanismen sind der direkte Kontakt mit dem eigenen Surfboard (38,6%), das Fahren eines Manövers (20,3%), der Kontakt mit dem Meeresboden (18,4%), der Kontakt mit einem anderen Surfer oder dessen Board (6,3%) und Verletzungen durch Meerestiere (3,2%).
  • Jeweils ein Drittel aller Verletzungen betrifft die Kopf- und Nackenregion oder die untere Extremität

Wenig Verletzungen beim Wellenreiten

Wellenreiten ist eine der ältesten Sportarten der Welt. Während der Tanz auf den Wellen früher den polynesischen Königen vorbehalten war, erfreut sich der Sport mittlerweile weltweit großer Beliebtheit und ist auch aus sportmedizinischer Perspektive interessant. Doch im Widerspruch zum Image als Extremsport ist Wellenreiten ein eher verletzungsarmer Sport.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Wellenreiten ein sehr variables Verletzungsrisiko birgt. Zur Referenz: Bei Surf-Wettkämpfen liegt die Verletzungsrate durchschnittlich bei 6,6 Verletzungen in 1000 Stunden und ist damit geringer als bei verbreiteten Ballsportarten wie Fußball. Bei Wettkämpfen in Pipeline, einer ikonischen Welle auf Hawaii, liegt die Verletzungsrate dahingegen bei 32 Verletzungen alle 1000 Stunden. Diese Zahlen veranschaulichen, dass das Verletzungsrisiko beim Wellenreiten stark von natürlichen, sich ständig verändernden Faktoren wie Wellenhöhe, Art der Wellenbrechung, Beschaffenheit des Untergrunds etc. abhängt.

Um dennoch einen Überblick über Verletzungstypen, Verletzungsmechanismen und verletzte Körperregionen zu gewinnen, haben McArthur et al. (2020) in einer systematischen Übersichtsarbeit die bestehende Literatur zu Verletzungen beim Wellenreiten zusammengefasst. Dafür schlossen die Autoren insgesamt 19 Studien in ihre Metaanalyse ein. Die Studien stammten aus Australien, Brasilien, UK, USA, Norwegen, Japan und Portugal.

Häufige Verletzungstypen beim Wellenreiten

Die mit Abstand häufigsten Verletzungen beim Wellenreiten betrafen in dieser Übersichtsarbeit die Haut (46 %). Unter Hautverletzungen wurden neben Schnittverletzungen und Riss-Quetsch-Wunden auch Verbrennungen (Sonne!), Hämatome und Quetschungen zusammengefasst. Interessant war die Häufung von Hautverletzung in warmen Gewässern, z.B. Brasilien und Australien. Im kalten Norwegen war die Haut der Studienteilnehmer hingegen durch den dicken Neoprenanzug gut geschützt, sodass hier Hautverletzungen seltener waren (Ulkestad et al., 2016). Weichteilverletzungen belegten Platz 2 der häufigsten Verletzungstypen (22,6 %). Unter Weichteilverletzungen wurden sämtliche Muskel- und Sehnenverletzungen zusammengefasst. Knochenverletzungen machten immerhin 10,6 % und Gelenkverletzungen 6,9 % aller Verletzungen aus.

Häufige Verletzungsmechanismen beim Wellenreiten

Der häufigste Verletzungsmechanismus beim Wellenreiten war in den eingeschlossenen Studien der direkte Kontakt mit dem eigenen Surfboard (38,6 %). Aus den Studien geht hervor, dass die Finnen mit wiederum 40 % der Surfboard-Verletzungen der gefährlichste Teil des Sportgeräts sind. An zweiter Stelle folgten Verletzungen, die beim Fahren eines Manövers auf der Welle entstehen (20,3%). Der Kontakt mit dem Meeresboden war ähnlich häufig ursächlich für eine Verletzung (18,4 %). Deutlich überschätzt wird hingegen das Risiko von Verletzungen durch andere Wassersportler (6,3 %) und durch Meerestiere (3,2 %).

Betroffene Körperregionen und Verletzungsprävention beim Wellenreiten

Mit 33 % aller Verletzungen war die Kopf- und Nackenregion besonders häufig von Verletzungen beim Wellenreiten betroffen. Da beim Wellenreiten bereits eine kurze Bewusstlosigkeit zum Ertrinken führen kann, wären Surfhelme eine sinnvolle präventive Maßnahme. Bisher konnten sich Helme im Surfsport nicht durchsetzen. Außerdem sind die unteren Extremitäten ebenfalls mit 33% häufig betroffen. Das Tragen von Neoprenanzügen und -schuhen kann vor vielen oberflächlichen Verletzungen schützen und ist weit verbreitet.

Zusammenfassung

Wellenreiten ist im Vergleich zu anderen Sportarten ein verletzungsarmer Sport. Der häufigste Verletzungsmechanismus ist der direkte Kontakt mit dem eigenen Surfboard und der häufigste Verletzungstyp sind Hautverletzungen. Daher sollte der Schwerpunkt der Verletzungsprävention auf einfachen Maßnahmen zum „Entschärfen“ des eigenen Surfboards liegen. Besonders sinnvoll erscheinen hierbei Finnen mit abgestumpften Kanten und eine abgerundete Surfboard Spitze. Da Kopfverletzungen häufig sind und bereits eine kurze Bewusstlosigkeit in der Brandungszone lebensbedrohlich werden kann, stellen Surfhelme eine sinnvolle Präventivmaßnahme dar.

Weitere interessante Informationen zu Verletzungen beim Wellenreiten und zur Verletzungsprävention findet ihr unter www.surf-arzt.de/verletzungen-beim-surfen/.

Quellen

McArthur, K., Jorgensen, D., Climstein, M., & Furness, J. (2020). Epidemiology of Acute Injuries in Surfing: Type, Location, Mechanism, Severity, and Incidence: A Systematic Review. Sports (Basel, Switzerland), 8(2), 25. https://doi.org/10.3390/sports8020025

Ulkestad, G. E., & Drogset, J. O. (2016). Surfing injuries in Norwegian Arctic waters. The Open Sports Sciences Journal, 9(1).

Constantin Reiber
Über Constantin Reiber 1 Artikel
Dr. Constantin Reiber ist Arzt in Weiterbildung mit Erfahrung in der Unfallchirurgie, Orthopädie sowie in der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin sowie der inneren Medizin. Auf seiner Website www.surf-arzt.de informiert er über surfmedizinische Themen. Er ist selbst leidenschaftlicher Surfer und auch in den Bergen beim Mountainbiken und Skifahren anzutreffen.