
Schon seit Jahren sind Social Media und das Internet voll von Claims rund um die Wirkung von Kurkuma und dem darin enthaltenen Curcumins. Zu den häufigsten Behauptungen gehört etwa, Kurkuma würde entzündungshemmend wirken, die Regeneration fördern oder den Stoffwechsel ankurbeln. Davon abgeleitet wird ein Nutzen bei Krebs, Arthrose, Alzheimer, Diabetes, Autoimmunerkrankungen usw. Die Liste ist lang und Kurkuma wäre ein hocheffektives Allheilmittel ohne Nebenwirkungen, wenn man diesen Berichten Glauben schenkt. Hier geht es deshalb um die Frage, wo Kurkuma tatsächlich hilfreich sein kann und wie gut oder schlecht die Evidenz dafür ist.
Auf einen Blick
- Für die meisten Erkrankungen ist die Supplementation von Curcumin derzeit nicht sinnvoll, lediglich bei Arthrose könnte man die Einnahme erwägen.
- Supplements die kommerziell erhältlich sind, sind oft nicht mit medizinischen Präparaten wie BCM-95 Curcumin vergleichbar. Daher sind Studienergebnisse auf die klassische diätetische Zufuhr oder NEM nur sehr begrenzt übertragbar.
- Die Dosierung gestaltet sich schwierig. In Studien werden oft Mengen um 1-2g/d verwendet – erheblich mehr als über die Nahrung oder NEM zugeführt wird.
- Unabhängig davon ist Kurkuma ein sehr gesundes Nahrungsmittel, das vielfältig eingesetzt werden kann.
Worum handelt es sich eigentlich?
Die Kurkumawurzel gehört zu den Ingwergewächsen und wird schon seit etwa 4000 Jahren als traditionelles Heilmittel eingesetzt. Als primär bioaktiven Stoff enthält es Curcumin, ein Polyphenol, welches jedoch eine schlechte Bioverfügbarkeit hat. Aufgrund seiner geringen Wasserlöslichkeit wird nur wenig der zugeführten Menge im Darm resorbiert. Durch Erhitzen oder die Kombination mit den in schwarzem Pfeffer enthaltenen Piperin kann die Bioverfügbarkeit verbessert werden.
Wie wirkt Curcumin?
Curcumin hat primär antiinflammatorische und antioxidative Eigenschaften. Dabei kann es mit verschiedenen Komponenten des Zellstoffwechsels und auch Transkriptionsfaktoren interagieren.
Untersucht man die antiinflammatorische Wirkung stellt sich zudem die Frage, wie diese gemessen wird. So liegt etwa Evidenz hinsichtlich der Reduktion von Entzündungsmarkern wie dem CRP durch die Einnahme von Curcumin vor (Hewlings et al., 2017). Ebenso legt gerade der antioxidative Effekt eine positive Wirkung auf chronisch niedriggradige Entzündungsprozesse nahe. Grundsätzlich sind die meisten Studien zur Wirkung von Curcumin jedoch Labor- oder Tierstudien, die zwar den Einfluss auf diverse molekulare Entzündungswege belegen, jedoch mit entsprechenden Limitationen für die Praxis (He et al., 2015).
Wirkung von Kurkuma bei Stoffwechselerkrankungen
Nicht im Kontext jeder Erkrankung lässt sich aber auch ein klinisches Korrelat oder etwa eine Reduktion von Risikofaktoren für chronische Erkrankungen, welche in vielen Fällen mit Chronic Low Grade Inflammation assoziiert sind, beobachten. So sind Erkrankungen wie Arteriosklerose/CVD, Diabetes, rheumatoide Arthritis, chronische Nierenerkrankungen, Übergewicht etc. stark mit veränderten Entzündungsvorgängen assoziiert, die Effekte der Supplementation in klinischen Studien jedoch gering.
Für die meisten weiteren Effekte besteht ein deutlicher Mangel an Evidenz aus aussagekräftigen klinischen Studien oder Metaanalysen. Wenig und widersprüchliche Evidenz liegt jedoch für einen leichten Nutzen bei metabolischen Erkrankungen vor. Zum Beispiel könnten die Blutzuckerkontrolle, die Blutlipide und der Blutdruck leicht positiv beeinflusst werden (Mirzabeigi et al., 2015; Cicero et al., 2020; Chuengsamarn et al., 2012).
Hilft Kurkuma bei Depressionen oder Alzheimer?
Sehr dünn ist die Studienlage hinsichtlich Depressionen. Wenige RCTs zeigen teils signifikante Effekte, jedoch mit minimaler Effektgröße. Zudem ist die Aussagekraft aufgrund des Studiendesigns oft gering (Lopresti et al., 2014). Ebenso liegt für einen präventiven oder therapeutischen Nutzen bei Alzheimer keine überzeugende Evidenz vor.
Für die meisten Claims fehlt demnach der wissenschaftliche Nachweis einer in der Praxis relevanten Wirkung.

Kurkuma bei Arthrose
Die mit Abstand beste Datenlage besteht zum Einsatz von Curcumin bei Arthrose. Eine Metaanalyse aus 2021 untersuchte 15 Studien mit insgesamt 1621 Patienten. Dabei wurden sowohl die Effekte von Curcumin als auch Curcuma longa-Extrakt beleuchtet. Die Dosierungen waren sehr variabel und reichten von 40-2000 mg.
Insgesamt führte Curcumin zu einer gegenüber Placebo statistisch signifikanten Schmerzreduktion – durchschnittlich 11,55 Punkte auf der VAS (von 0-100). Natürlich stellt sich auch hier die Frage der klinischen Relevanz. Die MCID (minimal clinically important difference) wird zwischen 15 und 23 angegeben (Laigaard et al., 2021; Olsen et al., 2018). Überschritten wurde diese nur in einer Studie (Madhu et al., 2013).
Darüber hinaus konnten jedoch auch gegenüber Placebo statistisch signifikante positive Effekte auf Gelenkfunktion und Steifigkeit beobachtet werden. Kurkuma war in allen Punkten NSAR gleichwertig, es traten aber weniger Nebenwirkungen auf. Wird eine begleitende Therapie erwogen, sollte diese über mind. 12 Wochen durchgeführt werden, möglicherweise als Alternative oder Ergänzung zur Langzeittherapie mit NSAR.

Kurkuma bei Sport
Eine weitere Überlegung ist, dass Kurkuma den Entzündungsprozessen, die nach körperlicher Belastung auftreten – z.B. auch bei Muskelkater – entgegenwirken und somit die Regeneration fördern könnte.
Nur wenige Studien diesbezüglich wurden an Leistungssportlern durchgeführt. Eine Untersuchung an Rugbyspielern (Delecroix et al., 2017) zeigte nach 24 h einen geringeren Leistungsverlust bei einem 6-sekündigen einbeinigen Sprint. Nach 48 oder 72 Stunden war dies aber nicht mehr der Fall. Auch auf die CK, Counter Movement Jumps und die Kraft der Kniestrecker hatte das Supplement keine Auswirkung.
Weitere Studien wurden an mehr oder weniger aktiven Menschen durchgeführt. So konnte in einigen Studien nachgewiesen werden, dass der oxidative Stress abnahm oder die antioxidative Kapazität zunahm. Ebenso fiel eine nach Belastung weniger starke Erhöhung der Kreatinkinase auf. Auch war der Kraftverlust in den Tagen nach der Belastung nicht so hoch, es traten weniger Schmerzen durch Muskelkater auf und auch im MRT zeigten sich teilweise weniger Muskelschädigungen. Dies war aber nicht durchgehend in allen Studien der Fall.
Insgesamt ist die Studienlage noch uneinheitlich und die nachgewiesenen Effekte sind eher klein. Weitere Studien sind notwendig, um falls sich eine Supplementation als sinnvoll herausstellt, die optimale Dosis und den optimalen Zeitpunkt herauszufinden. Ob eine Entzündungshemmung sinnvoll ist, ist zudem generell fraglich, da durch sie auch relevante Anpassungsprozesse des Trainings gehemmt werden könnten.

Zusammenfassung
Für die meisten Erkrankungen ist die Supplementation von Curcumin derzeit nicht sinnvoll, lediglich bei Arthrose könnte man die Einnahme erwägen. Die meisten Supplements sind nicht mit medizinischen Präparaten wie BCM-95 Curcumin vergleichbar, daher sind Studienergebnisse auf klassische diätetische Zufuhr oder Nahrungsergänzungmittel nur sehr begrenzt übertragbar. Auch die Dosierung gestaltet sich schwierig. In Studien werden oft Mengen um 1-2g/d verwendet – erheblich mehr als über die Nahrung oder Nahrungsergänzungmittel zugeführt wird. Unabhängig davon ist Kurkuma aber ein sehr gesundes Nahrungsmittel, das vielfältig eingesetzt werden kann.
Quellen
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Chuengsamarn, S., Rattanamongkolgul, S., Luechapudiporn, R., Phisalaphong, C., & Jirawatnotai, S. (2012). Curcumin extract for prevention of type 2 diabetes. Diabetes care, 35(11), 2121–2127. https://doi.org/10.2337/dc12-0116
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